Til Schweiger:Tils Spiegelbild

Schauspieler Til Schweiger in einer völlig neuen Rolle. Für Charles Vögele gibt er jetzt – höchst ambitioniert – den Designer. Entstanden ist eine tragbare Kollektion, die mehr ist als ein Werbe-Gag – mit dem WIENER sprach er darüber.

Wenn ein Star sich als Modedesigner für eine Marke präsentiert, kommen schnell Zweifel auf: Kann der das? Hat er nicht Wichtigeres tun? Til Schweiger, der auch noch Produzent, Regisseur und Drehbuchautor ist und jeweils Deutschlands kommerziell erfolgreichster, reiste denn zur Präsentation seines Beitrags zur Kollektion Biaggini Violett des internationalen Modekonzerns Charles Vögele recht knapp an, um am nächsten Tag zur Bambi-Verleihung nach Wiesbaden weiterzureisen. Er gab zu, die finalen Stücke noch nicht abgesegnet, sondern vertrauensvoll seinem Partner Christian Braun überlassen zu haben.

Dennoch war zu spüren, dass der entspannte 48-Jährige mehr hinter seinem Produkt steht als man ihm das unterstellen mag. Bei Mustang hat er es 2005 schon einmal probiert, aber diesmal sei die Zusammenarbeit viel reibungsloser verlaufen, berichtet er. Aus dem Umfeld von Charles Vögele heißt es, er habe keinen einzigen Knopf durchgelassen, der ihm nicht zugesagt habe. Das trifft angeblich auch für das Kostümbild bei seinen Filmen zu. Immerhin hat sich Schweiger, um sein Gestaltungsvermögen bereitzustellen, Herrenmode ausgesucht, wie er sie selbst tragen würde – oder sogar schon trägt: Zum Einstieg der Zusammenarbeit ging man einfach seinen Kleiderkasten durch.

Modische und unmodische Fauxpas
Das Ergebnis: weiße Hosen, einfärbige T-Shirts, kurze Hosen, legere Sakko-Hemd-Kombinationen. „Nicht nur Männermode sollte schlicht sein, auch Frauenmode“, ist der Star überzeugt. „Wenn ich mir so einen Haute-Couture- Laufsteg angucke, dann denk ich mir, ich hab noch nie im richtigen Leben jemand gesehen, der so rumläuft. Höchstens auf einer völlig abgespaceten Veranstaltung, wo du denkst: Was ist mit denen los? Je einfacher Klamotte ist, desto mehr steht der Mensch im Vordergrund.“ Verschmitzt erzählt Schweiger, wie er einmal auf die Frage eines Journalisten nach einer No-Go-Farbe gesagt habe: „Rosa“, um dann zu merken, dass sein Gegenüber einen rosa Pulli trug. Eigene Mode-Fauxpas seien eigentlich nur auf alten Fotos zu finden: „Die Achtziger mit einem kanariengelben Fiorucci-Sweatshirt oder einer Karottenhose!“

Dass er als Promi mehr auf Kleidung achte, bestreitet Schweiger. „Morgen zum Bambi gehe ich im Anzug, das gehört sich so. Zu meinen eigenen Premieren trage ich lieber T-Shirts.“ Vieles ist ihm zugeflogen im Leben, Til Schweiger hat es nicht nötig, sich irgendwo anzubiedern. Sein Plan war, Lehrer zu werden. „Aber als ich Schauspieler geworden bin, hat es trotzdem immer Spaß gemacht.“ Berufsziel Modedesigner? „Wäre ich nicht Schauspieler, hätte es mir wohl keiner angeboten. Vielleicht wäre ich es ja trotzdem geworden.“

Modische und unmodische Kinder
Umso größer die Ehre, dass bei der Eröffnung der Charles Vögele Fashion Days in Zürich das männliche Testimonial selbst als Model mitläuft – ohne große Vorbereitung freilich. Inmitten einer Menge anderer männlicher Models betritt Til den Laufsteg, spaziert einmal lässig nach vor und beweist mit einem etwas übertrieben koketten „Photo Moment“ seine ironische Sicht auf das Business – in dem immerhin seine aktuelle Freundin und die Mutter seiner Kinder arbeiten.

Dass ebendiese Kinder – in „Keinohrhasen“ standen alle vier vor der Kamera – kein übertriebenes Markenbewusstsein haben, erleichtert ihn. Auch der Älteste, der 16-jährige Valentin steht den Produkten des Designerpapas vorerst indifferent gegenüber. „Er fährt Skateboard, dementsprechend ist seine Mode“, fasst dieser es zusammen. Emma Schweiger, Star aus „Kokowääh“, könnte dafür von künftigen Ausflügen ihres Vaters ins Modegeschäft profitieren: Eine Kinderkollektion wollte Til immer schon mal machen. Auch hier steht Schlichtheit im Vordergrund. „In ein blau-weiß kariertes Polohemd ein fünfjähriges Kind stecken, das sieht entmündigt aus. Wenn du das gleiche Kind in einen ganz schlichten Wollpulli und eine Wollmütze steckst, wie auf Bildern aus der Depression 1930, dann hat das viel mehr Persönlichkeit.“

Vorerst sind die Herren dran. In etwa der Hälfte der Charles Vögele-Filialen ist seit November Til Schweigers Linie erhältlich. Verkaufspreise beginnen bei € 15.-

Info

TIL SCHWEIGER tut was ihm Spaß macht: LEHRER wollte Til werden, ging dann aber ans Theater und arbeitete als Synchronsprecher. Eine Rolle in der Langzeitserie „Lindenstraße“ stellte ihn dem TV-Publikum vor. „DER BEWEGTE MANN“ machte ihn zum Star. Er zog in die USA, wurde Hassliebling der deutschen Medien, die seine Ehe mit US-Model Dana Carlson und auch Beziehungen seit der Trennung 2005 gierig verfolgte. Jetzt lebt er in Berlin. PRODUZENT UND REGISSEUR ist er zusätzlich seit Ende der Neunziger: „Barfuß“ (2005), „Keinohrhasen“ (2007), „Kokowääh“ (2011).