Buch: Da wiehern die Paragraphen-Reiter

Berliner Anwalt schildert schräge Streitfälle und kranke Mandanten

Dass es spannend wird, wenn ein Strafverteidiger wie Ferdinand von Schirach zum Schriftsteller wird, überraschte nicht allzu sehr. Dass ausgerechnet ein Immobilienrechtsspezialist für heitere Stunden mit seinem neuen Buch sorgt, hätte man von dieser Materie aber nicht erwartet. Mitunter merkt man die Anstrengung, bewusst launig zu beschreiben, was in der Kanzlei vorgeht, leider. Am besten aber ist „Als sich mein Mandant in die Richterin verliebte“ ohnehin immer dann, wenn die Klienten selbst das Wort haben. Zumal ja auch der schreibende Anwalt von seinen Mandanten belogen wird – und es merkt.

In Scheidackers Worten: „Darstellungen beinhalten normalerweise, was aus der Sicht des Fragenden für ihn günstig und relevant ist. In der Regel ist das aber nicht deckungsgleich mit der rechtlichen Perspektive“. Die geschilderten Fälle haben den Spannungsaufbau von Ratekrimis, in denen der Täter meist der Alltagswahnsinn war: Öffentlich kackende Kellner, Rosenquarz-Behandlung für einen Hengst, Mietnomaden und natürlich jede Menge Nachbarschaftsstreitereien.

Der Anwalt aus Berlin-Schöneberg bringt zwar auch harmlose Büroanekdoten (Marke: Wie ich mich von der Sekretärin verleugnen ließ), dennoch gibt es zwei große Stärken in der Fundgrube an Juristen-Stories. Zum einen vermittelt die Lektüre ganz nebenbei einige der Grundprinzipien des Rechtsstaates – samt einem Crashkurs über Immobilienpreise, schließlich ist das Wohnungsrecht Hauptfachgebiet des Autors. Wie wichtig die Gerichtszuständigkeit ist und man alleine daraus schon Profit ziehen kann, stellt eine der Erkenntnisse dar. Andrerseits erhält man einen entzaubernden Einblick in die tatsächliche Berufsrealität einer gleichermaßen idealisierten, wie dämonisierten Gruppe.

Warum ein geringer Streitwert keineswegs weniger Mühe macht, versteht man nach der Lektüre, echtes Mitleid mit der Anwaltskaste hat man am Ende dennoch keines. Fazit: Eine leichte Lektüre, die einen aber nie unterfordert, mitunter sogar zum Nachdenken bringt (etwa beim geschilderten Makler-Verdienst für zwei Stunden Zeit und ein E-Mail: 180.000 Euro). Ideal eignet sich Scheidackers Band für Städteflüge oder um die Wartezeit bei Gerichtsterminen zu verkürzen. Danach bitte deutlich sichtbar in der Sakkotasche tragen – speziell wenn eine Richterin vorsitzen sollte.

Tobias Scheidacker, „Als sich mein Mandant in die Richterin verliebte“ (240 Seiten), erschienen bei RIVA, € 10,99, ISBN 978-3-86883-269-3, Buch gleich hier bestellen