Buch: „Der Tanz der Möwe“ von Andrea Camilleri

Buchkritik: Der neueste Krimi mit Commissario Salvo Montalbano bringt die bewährte Mischung aus Dialogen und Überraschungsmomenten.

Der italienische Schriftsteller Andrea Camilleri ist auch im deutschsprachigen Raum ein sicherer Bestseller-Lieferant. Sein jüngstes Werk, das gar nicht so jung ist, schafft es auf Anhieb im Hardcover-Ranking des Spiegel in die Top 20. „Der Tanz der Möwe“ ist in seiner italienischen Fassung („La danza del gabbiano“) bereits 2009 erschienen, auf deutsch ist der Krimi erst dieser Tage (Verlag Bastei Lübbe) herausgekommen. Das kann dem Leser einigermaßen egal sein, denn an den Zuständen in Italien, die offen angesprochen werden, hat sich seither kaum etwas geändert. Und außer dass im Buch einmal von „Präsident Bush“ die Rede ist, fiele die Zeitverzögerung der deutschen Version gar nicht auf.

Hauptfigur des Krimis ist wieder Commissario Salvo Montalbano, der diesmal das Verschwinden eines Mitarbeiters zu klären hat, nebenbei kleinere private Scharmützel ausficht und stets zwischen Unverfrorenheit und Selbstzweifel schwankt. Zu den Montalbano-Krimis von Camilleri, der bekanntlich erst im hohen Alter zum Star-Autor wurde und zuvor als Regisseur und Professor an einer Kunstakademie werkte, gibt es nur zwei Meinungen: Entweder man liebt sie oder man hasst sie. Wer Zweiteres wählt, kann mit der dialoglastigen Erzählform, die tief in das Innenleben des grenzgenialen Kommissars eintaucht, nichts anfangen. Fans von Camilleri-Krimis lieben die Eleganz der Sprache und die Leichtigkeit, mit der die politischen und gesellschaftlichen Zustände in Italien (und nicht nur dort) aufgezeigt werden. „Man kann das Buch nicht aus der Hand legen“ ist wohl die am häufigste verwendete Formulierung bei der Beschreibung von Krimis, doch hier passt sie leider besonders gut. Camilleri hält sich nicht mit endlosen Beschreibungen auf, er treibt die Geschichte mit witzigen Dialogen voran. Dass er dieser unerwartete Wendungen gibt, ist ein Markenzeichen der Montalbano-Reihe, die nicht zuletzt wegen der ausführlichen Beschreibungen der Lieblingsspeisen des Commissarios bekannt wurde (in diesem Buch sind aber verhältnismäßig wenige davon zu genießen).

Nicht nur das Essen liegt dem Commissario bisweilen im Magen, auch mit der Brutalität der von ihm Verfolgten kommt er nur äußerlich gut zurecht.

Jetzt, da endlich alles ausgestanden war, wurde Montalbano von einer unsäglichen Müdigkeit überwältigt.

Und dennoch ist „Der Tanz der Möwe“ nicht düster-depressiv wie das beispielsweise viele Krimis skandinavischer Autoren sind. Stets bewahrt sich Herr Montalbano seinen Humor und seine Frechheit, speziell den Obrigkeiten gegenüber. Das wird wohl auch die einzige Möglichkeit sein, den Zuständen zu begegnen.

 Der Krimi ist übrigens auch schon als Hörspiel erschienen.