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Erste CD der Newcomerband WANDA: Wiens „The Clash“

Alex Pisecker
Wanda Gertrude Kuchwalek, die „Wilde Wanda“ füllte die Chronikseiten. Wiens „weiblichen Zuhälter“ und ihr patschertes Leben liebten die Blutjournalisten. Die nach ihr benannte Band wiederum erinnert an Falco – und wird aktuell gefeiert

Das würde der „wilden Wanda“ sicher gefallen. Eine Band nennt sich nach ihr. Und das Label dazu heißt „Problembär Records“. Mit der ersten CD (Release-Party am 17. Oktober im Chelsea/Wien) schieben die fünf Jungs den Singles „Schickt mir die Post“ und „Auseinandergehen ist schwer“ zehn weitere Songs hinterher. Der WIENER hat sich das „Amore“ betitelte Opus vorweg schon angehört.

 

 

Als altklug aus dem „Sumpf“ raunender Pophistoriker würde man wohl schon die erste Nummer „Bologna“ als Beleg dafür lesen, was österreichische Popmusik 2014 vom Austropop unterscheidet: „Wenn jemand fragt, wohin du gehst, sag nach Bologna. Wenn jemand fragt. Wofür du stehst, sag für AMORE“. Italien ist da. Immer noch. Aber explizit wird Amore „gemacht“. Da ist kein Raunzertum, das sich als Blues der verpassten Gelegenheit tarnt wie die „Sehnsucht nach Florenz“ (Steffi Werger). Auch keine Klischee-Pflege ohne Augenzwinkern an der „Strada del Sole“ (Rainhard Fendrich). Wenn schon deppat, dann stehen wir dazu.

Falco und Weller in Wien

Da darf es auch pubertär knistern, das Songwriter-Papier („mein Glied unterwirft sich der Diktatur deines Mundes, Baby“) bei „Luzia“. Doch gerade bei dieser Nummer lässt Sänger Marco seinen Falco-Tribute-Höhenwechsel das erste Mal aufblitzen. Noch klarer wird die an „Les Nouveaux Riches“ und „Helden von heute“ des Falken erinnernde Art zu singen in „Easy Baby“ mit dem treibenden Synthie-Bass-Intro, das sich 2014 so gerade noch Paul Weller erlauben würde. Der singt allerdings nicht über „Stehengelassene Weinflaschen“, wie die textlich stärkste Nummer des Albums heißt (Auszug: „Baby, du weißt ganz genau, dass sie uns auf die Goschen hauen, weil wir san schwach“).

Rock the Casbah, Döbling-Style

Die musikalisch zitierten Vorbilder, mit denen man nach den umjubelten Konzerten (zuletzt beim Volksstimmefest) schnell bei der Hand war, sind damit nicht erschöpft. Irgendwo zwischen den Ärzten und den Prinzen treibt der Beat bei „Schickt mir die Post“ zum Mitgrölen. Und eine wienerische Variante des Gitarren-Chorus-Wechselreims, den The Clash bekannt gemacht haben, zieht sich durch „Bleib wo du warst“ (mit seinem Refrain „Ich sauf keinen Schnaps“). Deutlicher noch wird den Mannen um Joe Strummer in „Kairo Downtown“ gehuldigt, Wandas 32 Jahre verspäteten „Rock the Casbah“, Döbling-Style. Womit wir beim Dialekt wären. Kein Meidlinger R, alles gedehnt und überartikuliert: „wenn ich traurig bin, glaub ich, jeder Mensch ist ein Oaschloch“. Ja, es mag sein, dass die Stimme von Marco Wanda mitunter klingt wie Label-Kollege „Der Nino aus Wien“, doch dieser Nino klingt wie vom weißem Spritzer angetrieben, nicht von Sinsemilla.

Fazit

Musikalische Abwechslung, intelligent gesampelte Zitate und dank dadaistischer Satzellipsen unpeinliche Texte auf Österreichisch (wo man nicht alles versteht, kann’s auch nicht schlecht sein). Ziemlich Wanda-ful!