Josef Hader spielt Hader im Wiener Audimax: GodfHader of Kabarett

Es geht um Leute, die nicht ins Kabarett gehen, die Scheidung, Erdbeerjoghurt und das Verschwinden. Josef Hader klaut sich aus seinen letzten fünf Programmen ein Best of zusammen und beweist damit ein weiteres Mal, mit allen anderen Komödianten des deutschen Sprachraumes nicht mal in der selben Liga zu spielen – sondern eine darüber. Morgen Sonntag, den 16. November gibts ein DaCapo im Wiener Audi Max.

Aus mehreren Gründen gilt Josef Hader weit über Österreichs Grenzen hinaus als Österreichs bester Kabarettist. Letztere Bezeichnung ist durchaus wichtig wie essentiell in Zeiten, in denen Comedians Stadthallen füllen. Wohl ist Josef Hader auch in Deutschland erfolgreich. Aber sicherlich nicht ob des müden Kalauers und auch nicht aus Gründen der Drolligkeit, des österreichischen Idioms wegen.

Josef Hader versteht es seit jeher, dem klassischen Kabarettprogramm das Outfit eines Theaterstückes zu geben. Mit wenigen Requisiten, viel Musik und ihm selbst in den wichtigsten Haupt- wie Nebenrollen, zusätzlich zuständig für Regie, Musik, Beleuchtung (zumindest als Stichwortgeber) sowie An- wie Abmoderation.

Mit „Bunter Abend“ und „Biagn oder Brechn“ fing es Ende der Achtziger an, mit „Im Keller“ und „Privat“ gelang der internationale Durchbruch. Parallel zu „Hader muß weg“ bringt der Niederösterreicher zudem seit 1997 in stets aktualisierter Form „Hader spielt Hader“ auf die Kleinkunstbühnen von Villach bis Kiel, selbst im ultraplatten wie -erfolgreichen Quatsch-Comedy-Club ist er wohlakklamiert zu Gast.

Für das jüngste Best of, das Hader Samstag abend und auch am Sonntag, den 16.11. noch einmal im Wiener Audimax aufführt, suchte er sich nicht unbedingt die besten Gustostückerln in Terms of „Lacher“ aus seinem reichhaltigen Repertoire zusammen. Allerdings versteht es Hader aus teilweise 22 Jahre alten „Sketches“ messerscharf aktuelle Nummern zu zimmern, die nicht nur wie die Faust aufs Auge der aktuellen Leistungsgesellschaft passen, sondern auch im nachhinein unter Beweis stellen, wie prophetisch Programme a la „Im Keller“ oder „Privat“ einst voraussagten, was in den nächsten Jahren so werden könnte aus der Demokratie, der Politik, der Kirche, dem Landleben oder der allzeit geliebten Werbeindustrie.

Möglicherweise ist es ja ein Gewinn der vielfältig schauspielerischen Tätigkeit Haders in den letzten Jahren, dass aus ihm nun endgültig ein kabarettistischer Charakterdarsteller wurde, der eben nicht nur da vorne auf der Bühne steht, um „uns einen Karl zu machen“. Hader spielt sein Best of nach allen Regeln der Schauspielkunst. Seine Mimik ist schärfer geworden, Pointierter, er platziert Pausen ebenso punktgenau wie ein Augenbrauen-Heben, spielt gekonnt mit der Stimmung im Publikum, nicht ohne sie gleichzeitig zu thematisieren. Verspielt, launisch, unbeholfen, extrakontrolliert und – genial.

Dass Josef Hader stets immer schon sein eigenes (und das seiner Kabarett-Kollegen) Wirken als obergscheiter Welterklärer und Klischee-Verbreiter mit fest gebuchter, politischer Einstellung (Ruccola!) kritisch hinterfragt und sogar als faschistoid darstellt, hat Tradition. Und wird aktuell derart entblößend akklamiert, dass sich selbst das Publikum vorübergehend ertappt fühlen muss. Was muß man essen, wen muß man wählen, wie muss man sich kleiden, wo muss man wohnen, um einer der Guten zu sein? Hader schafft den Spagat, sich selbst eindeutig zu deklarieren, aber nichts zu oktroyieren. Allesamt verpackt in wohltuende, weil entschuldigende Pointen. Eine Kunst, die anderswo im Kabarett entweder gar nicht oder gar holzhammermäßig-schmerzhaft passiert. Und eben darum scheitert.

Drammatisch besser wird von Mal zu Mal auch Haders Klavierspiel auf dem Fender Rhodes. Nicht nur als Hardcore-Fan könnte man sich einen Hader-Solopiano-Auftritt im Porgy & Bess wünschen. Nicht nur Hardcore-Fans wird ebenfalls bewußt, dass Haders Songs mittlerweile ebenfalls zu Klassikern reiften, hart an der Grenze zur Pop-Karriere schrammend. Wenn ein Finale wie „Nochbarschoft“ letztlich doch nicht zur bejubelten Mitsing-Hymne hochkocht, liegt dass ausschließlich am etwas steifen Audimax-Publikum, das mit derlei waschechter Popshow-Attitüde einfach nicht gerechnet hatte.

Nach der Pause tut Hader etwas aussergewöhnliches: er bittet Konkurrenz auf die Bühne. Und präsentiert mit dem Schweizer Marc Haller einen Comedian, der auf den ersten Blick an den jungen Hader der Achtziger-Jahre erinnert, bald aber klarstellt, einer der jungen Wilden zu sein. Der sein komödiantisches Schaffen nicht auf das Kalauern oder Parodieren beschränkt, sondern von Zauberkünstler bis Erotik-Revue ziemlich viel drauf hat. Der Qualitätslevel passt jedenfalls, nichts anderes hätten wir uns von einem Hader-Protégé erwartet.

Kurzweil? Garantiert. Als es an die Pause geht, wähnt man sich gerade erst niedergesetzt. Und wenn Hader das Programmende mit den schwierigen Sozial-Betrachtungen aus „Im Keller“ – das der Rezipient übrigens vor ziemlich exakt 20 Jahren erstmals eben hier im Audimax sah –  auswalkt, versteht er es genial, das Publikum zwischen Bloßstellung und Kalauer auszubalancieren, auf dass es ihm aus der Hand frisst. Und zwischen den Pointen vielleicht auch ein bisschen nachdenklich wird. 

Morgen Sonntag bespielt Josef Hader noch ein Mal das Wiener Audimax, ein Besuch wird empfohlen bis dringend angeraten. Tickets gibt es bei den Portieren der Hauptuni und hier.