Wir4: Austropop reloaded

Zählt man ihre Berufsjahre zusammen, kommt man bei den Bandmitgliedern von „Wir4“ auf satte 120 Jahre Joberfahrung im Zeichen dessen, was musikalisch vor Wanda, Bilderbuch und Konsorten als Austropop galt. Ein verstaubtes Genre? Kein Grund zum Verzagen für das motivierte Quartett. Im Gegenteil …

Harry Stampfer trommelt (29 Jahre nach dessen Einstieg bei der „Nummer 1“ des guten, alten Wolferl Ambros bemerken wir erst, was das für ein gottvoller Namen für einen Schlagzeuger ist!), Harald Fendrich spielt den Bass, Gary Lux singt und spielt Keyboard, Ulli Baer steht vorn in der Mitte: Lead Gitarre, Lead Vox.

Alles klar, werden Sie nun sagen. Und doch stimmt das nicht so ganz. Schon haben wir es hier mit einer Haudegen-Combo erster Sahne zu tun. Und nein, so richtig ganz neu erfunden haben sie ihren Sound von damals auch nicht. Andererseits – der hat ja schon einst gefallen. Warum also viel verändern?

Den Texten geht es bei den Vieren an den Kragen. Aus internationalen Lyrics werden heimische, schön im Slang, eh klar. Dass hier einiges an Originalität entsteht, ist vorstellbar. Dass derlei gelegentlich für schwierige Pointen steht, ebenfalls.

Umso besser, dass die wackere Kombo, deren unerschütterliche Live-Routine höchst regelmäßig und gar nicht mal so selten vor meist recht vielen Menschen unter Beweis gestellt wird, auch alte Songs aus eigener Feder zum Besten gibt. Was in hoch-hysterischen Song Contest-Zeiten vor allem den Titel „Kinder dieser Welt“ von Gary Lux ins Rampenlicht rückt. Dieser gehört zu den Highlights des Quartett-Programms, gibt Harry Stampfer gern zu Protokoll. Was er unter „in einer ordentlich rockigen Version“ versteht, davon ist sich hier bei einem Video-Mitschnitt vom letzten Donauinselfest persönlich zu überzeugen:

Ebenso wie Interpret Lux ließ auch der Titel seit seinem durchaus erfolgreichen Antritt beim ESC in Göteborg anno 1985 (Platz 8!) Haare. Was beiden gut tut. Lux sieht cooler aus denn je zuvor und der Titel klingt erfrischend rockig, so ganz ohne orchestralen Eighties-Ballast.

Überhaupt stampft (KEIN Wortspiel diesfalls!) die Truppe um vieles munterer dahin, als man das vom protagonierten Genre in den letzten Jahrzehnten behaupten kann. Egal ob Bäers „Durscht“ oder die eingedeutschten Versionen von „Hotel California“ oder „Wonderful tonight“, man hört den Spielspaß des Ensembles, gepaart mit solidem Spiel-Können – dass letzteres auch in der heimischen Studiomusiker-Szene großgeschrieben wird, muss nämlich auch einmal gesagt werden.

Fraglich bleibt: Warum ein derart verstaubter Namen? Warum derart verstaubte Bandfotos? Und warum nur, ja warum, immer nur die alten Hadern, nicht mal wirklich in neuem Gewand?

„Weil es einfach klasse Nummern sind. Die mit den neuen Texten ziemlich viel neuen Drive kriegen.“ Harry Stampfer ist ein wenig erbost über derlei Verunglimpfung, auch wenn sie gar nicht so gemeint ist. „Da gehts um Qualität, Rock, Groove, Feeling, Beat. Da stimmt alles. Diese Songs verdienen sich die Bezeichnung „Alter Hadern“ nie und nimmer, schau Dir mal an, wie das Publikum reagiert, wenn wir sie live bringen. Und deswegen haben wir sie aufgenommen.“

Vielleicht auch deshalb, weil die Herren Stampfer, Bäer, Lux und Fendrich genau wissen, dass ihnen weder trockene Elektro-Beats, noch schmatzende Rap-Verse auch nur ansatzweise zu Gesicht stehen würden. Schuster, bleib bei Deinem Leisten – oder, in diesem Zusammenhang auch „Alter Hadern“ – kann auch ruhig mal als Qualitätskriterium gesehen werden. Und solange es ein Publikum für den guten, alten Austropop gibt, soll man ihm gut und gern geben, was es da hören mag.

Der aktuelle Tonträger von „Wir4“ ist im gut sortierten CD-Fachhandel erhältlich, hier gehts zu den nächsten Live-Terminen.