• DAWA

    Roh und unaufgeblasen

    Copyright Dominique Hammer

Die Wiener Band DAWA präsentiert exklusiv für den WIENER ihr neues Video zur Single „Unexpectedly“ und spricht mit uns über Schnulzen, ORF-Kostüme, Wiener Schmäh und Authentizität.

von Sandra Keplinger

Das Video zu „Unexpectedly“ ist vor allem mit Stimmungsbildern ausgestattet – keine großen Gesten. Wie wichtig ist euch Understatement?

Wir hatten uns einige Stichwörter fürs Konzept überlegt, wie „schöne Bildsprache“, „stärkerer Kontrast“ usw., weil der Song an sich für uns sehr intensiv ist. Mit Olivia, Timon & Manuel haben wir 3 FilmemacherInnen gefunden, die das sehr schön in Bilder umsetzen konnten. Insofern ist es auch irgendwie mehr ihre filmische Antwort auf unsere musikalische Intensität. Understatement kann ein wichtiger Bestandteil bei Musik sein (was super ist), aber bei uns steht es eher im Hintergrund. Wir teilen klare Ansichten und Meinungen, was sich sicher nicht verbergen lässt, verspüren aber nur bedingt die Notwendigkeit diese in unsere Musik einfließen zu lassen. Musik ist für uns eine sehr persönliche Sache und es ist wunderbar, das mit anderen teilen zu können, und noch wunderbarer wenn unsere Musik zu einer persönlichen Sache der anderen wird. Wir schaffen musikalisch Stimmungsbilder, die offen genug sind um Raum für Assoziationen und Gefühle der HörerInnen zu lassen. Dementsprechend sieht nun auch das Video zu „Unexpectedly“ aus, ein Lied das uns alle vier sehr berührt.

Erklärt eure Liebe zur Cajon! Warum ist sie bei euch so dominant? Und wird es je ein klassisches Drumset auf eure Alben schaffen?

Sag niemals nie! Wir hantieren ja auch jetzt schon mit Becken und Tom herum. Für uns ist es primär jedoch wichtig, roh, on point und unaufgeblasen zu sein. Die Cajón hat da ihren eigenen, holzigeren Sound, der sich perfekt ins Gefüge der anderen Instrumente legt. Nicht zu reden von der leichteren Transportmöglichkeit, verglichen mit einem ganzen Drumset. Das ist immerhin auf Tour sehr praktisch. Dieser Fakt wird uns aber nicht daran hindern, neue Sachen auszuprobieren und stetig ein bisschen zu wachsen, was das Set-Up betrifft. Wir haben in unserem Proberaum zum Beispiel auch ein Schlagzeug stehen, das verleitet schon dazu in die Tassen zu hauen…

Eure Arbeit wird gerne “Gänsehautmusik” genannt. Warum fürchten sich Männer mehr vor Balladen als Frauen?

Tun sie das? Wir glauben, dass das Erstens auf die Definition des Wortes ankommt – Ballade ist nicht immer gleich Schnulze –  und dass sich Frauen oft leichter in suggerierte Gefühlswelten hineinversetzen wollen und können als Männer. Aber eigentlich bedient dass nur die veraltete und stereotypisierte Ansicht des Mannes. Wir glauben, dass das schon lange nicht mehr so schwarz-weiß beantwortet werden kann. Entweder man ist in Stimmung für „ruhige Songs“ oder man ist es nicht. Je nachdem lässt man sich auch darauf ein. Mann, Frau, Transgender, oder sonst ein Geschlecht.

Die Österreichische Musikszene boomt dank Wanda und Bilderbuch in Deutschland. Was finden die Deutschen  so cool am neuen Wien”?

Hat ja lang genug gedauert, bis die große Menge an Menschen draufkommt! Aber es gibt ja nicht erst seit gestern österreichische Bands, die in Deutschland ihr Unwesen treiben. Das österreichische Strizzitum kommt in Deutschland ja immer schon gut an: Fendrich, EAV und von mir aus noch Falco. Die Wanda Jungs haben die Büchse der Pandora durch ihre ehrliche Einfachheit für ein großes Publikum geöffnet, Bilderbuch machen das ja schon seit 10 Jahren und wir freuen uns, dass sie endlich so groß geworden sind, wie sie’s verdient haben. Aber so wie die Hamburger Schule wird auch das große Verlangen nach dem Wiener Schmäh wieder abflauen. Es ist eben eine modisch-musikalische Achterbahn.

Wo würdet ihr euch in der österr. Musikszene einordnen?

Überall und nirgendwo, zwischen den Dunstkreisen von b72 und Rhiz und Radiokulturhaus, zwischen dem lange Bewährten und dem neuen heißen Scheiß. Wir passen oft dazu, oft auch nicht, aber das passt schon so. Es gibt wenige Grenzen, sie verschwimmen zusehens.

Ihr habt in den letzten Monaten viel für die Flüchltings-Benefiz gespielt. Wieviel Einfluss haben Künstler auf diese Thematik? Warum ist euch hier ein Statement wichtig? Was müsste in Österreich besser laufen?

So viel wars gar nicht, aber stetiger Support ist wichtig. Auch für andere Themen und Lebensbereiche. Derzeit ist die Flüchtlings-Problematik sehr groß und egal wo man sich politisch befindet, sollte man jetzt am Strang der Menschlichkeit ziehen, obgleich man nicht zu naiv sein darf. Es ist eine schwere Gratwanderung. Zum Glück sind wir keine PolitikerInnen, aber wir glauben dran, Teil eines Ganzen sein zu können, bzw kann das unsere Musik. Da sollte man ansetzen: gemeinsam was schaffen und nicht alle für sich, das wird auf Dauer zusätzliche Probleme aufwerfen, die vom wesentlichen Problem ablenken.

Oama, wie groß ist Werner Faymann wirklich?

Der Werner und ich sind Haberer. Genau wie mim Fischi-Heinz. Wir haben uns zu dritt darauf geeinigt dass ma ned drüber reden. 😉

Hand aufs Herz: Song-Contest. Any regrets? 

Nope. Darauf reduziert zu werden nervt allerdings. Aber wir haben nichts, dass wir bereuen müssen (außer vielleicht die Erlaubnis zur Einmischung der ORF Kostümladies bei der ein oder anderen Performance). Wir haben zu großen Teilen unsere Meinung und Dickköpfe durchgesetzt, weil das von vorn herein für uns klar war. Wir sind wir – wir lassen uns auf das Ganze ein, um etwas zu Lernen. Aber wenn es zu weit geht und unsere Authentizität darunter leidet, dann stellen wir uns quer. Wir wussten im Vorhinein aber nicht wie anstrengend und zeitintensiv es wird. Das ging ganz schön an die Substanz! Wir sind aber froh, dass wir so nette Menschen kennengelernt haben, von Mirjam übers ganze Produktionsteam bis hin zu den anderen Bands wie der Folkshilfe, den Bässen und allen anderen. Das ist auf jeden Fall eine Erfahrung gewesen, die wir nicht missen wollen. Auch wenn wir froh sind, „nur“ bis Platz 2 vor gerückt zu sein.

„So wie die Hamburger Schule wird auch das große Verlangen nach dem Wiener Schmäh wieder abflauen. Es ist eben eine modisch-musikalische Achterbahn.“