AKUT

Stadtbild – Kopf hoch

Sarah Wetzlmayr

Bezirk: Simmering

Datum: 07.03.2016

Uhrzeit: 14:43

Foto: Sandra Keplinger
Text: Sarah Wetzlmayr

Seit einiger Zeit geistert da dieses #kopfhoch durch diverse Social- Media-Kanäle. Und wer noch kein Facebook- oder Instagram-Zombie ist und sich tatsächlich lebendig durch Wien bewegt, wird dieses auf die Gehsteige gesprühte „Kopf hoch“ auch schon mal ganz real gesehen haben. Eine schnörkellose Botschaft – bislang unbekannter Herkunft. Mit nur einem kleinen lachenden Smiley als Zusatz entspricht sie ganz der Idee der Einfachheit – eine klare Aussage, die einen im oft bedrückenden Alltag nach vorne schauen lassen soll. Denn nur wenn man das Leben um sich herum auch wahrnimmt, lebt man wirklich.

Sehr viel Leben kann sich also auch hier abspielen – in Wien. Denn Wien ist ja, wie kürzlich bekannt wurde, erneut zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt worden. Viele Wienerinnen und Wiener haben aber ein ganz entscheidendes Problem, das die Studie ein wenig infrage stellt – ihnen fehlt die entscheidende Neugier, wirklich am Leben (dran) sein zu wollen. Mit allen Sinnen durch ihre Stadt zu gehen und sie wegen der ganz persönlichen Eindrücke zu lieben, und nicht weil man das Gefühl hat, das tun zu müssen, weil eine Studie oder die vor einigen Monaten erschienene „Wien-Hype-Reportage“ des Zeit Magazins es vorschreiben. Man erkennt diese Sorte Wiener sehr schnell, sie lassen die Köpfe hängen, und das zieht ganz automatisch auch die Mundwinkel nach unten.

Mit einer kleinen Geste macht dieses auf Gehsteige gesprayte „Kopf hoch“ also darauf aufmerksam, dass es in Wien eh ganz leiwand ist. Wenn man sich doch einfach nur mal umschauen würde, anstatt die in den Gehsteig implantierten Kaugummis zu zählen oder sich daheim bei heruntergelassenen Rollos im Internet die besagte Mercer-Studie durchzulesen, um herauszufinden, dass es hier in Wien eigentlich so oasch gar nicht ist.Dieses kleine gesprayte Zeichen holt damit zu einem doppelten Schlag auf den Hinterkopf aus: Erstens ist dann doch nicht immer alles ganz so schlimm, wie es scheint, und zweitens lohnt es sich, sich in der Stadt, in der man lebt, auch mal umzusehen. Aber dafür müssen die Augen erst einmal vom klebrigen Kaugummi gelöst werden. Da unten, mitten im Kaugummifriedhof, spielt sich das Leben nämlich nicht ab. Mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen. Außer: Kopf hoch