KULTUR

Was wurde aus DJ Ötzi

Sarah Wetzlmayr

Im Februar 2009 stellte DJ Ötzi auch den Rekord für den langlebigsten Song in den Top 100 auf, den bis dahin „Die längste Single der Welt“ von Wolfgang Petry innegehabt hatte. Für ihn war 1998 nach 81 Wochen Schluss gewesen, „Ein Stern …“ brachte es bis Mai 2012 auf 107 Wochen. Im April 2012 wurde der Rekord von Paul & Fritz Kalkbrenners „Sky and Sand“ mit ebenfalls 107 Wochen eingestellt.

Beim „Weihnachtsfest der Volksmusik“ 2016, im Zuge dessen Gerry Friedle alias DJ Ötzi ein paar seiner größten Hits zum Besten gab, trug auch Kardinal Christoph Schönborn, zur Besinnung zwischendurch, einige Passagen aus „Amoris Laetitia“ vor, einer Schrift des damaligen Papstes Franziskus, die das Familienleben im Zeichen der katholischen Kirche wieder aufwerten sollte. Zuvor begegneten sich die beiden in der Maske, wo der zuständige Hairstylist sie darum bat, ihre für sie typischen Kappen abzulegen. Man unterhielt sich darüber, ob „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ aufgrund der einprägsamen Textpassage „Ein Stern, der deinen Namen trägt, alle Zeiten überlebt und über unsere Liebe wacht“ nicht ein guter Werbesong für das Youtube-Werbevideo Schönborns anlässlich einer möglicherweise bald anstehenden Papstwahl wäre. Bei all der Euphorie und der geheimen Hoffnung Friedles, in das Video mit eingebunden zu werden, um so seine christliche Fangemeinde etwas zu stärken, passierte es jedoch, dass sie ihre sehr ähnlich aussehenden Kappen vertauschten. Als sich der Musiker kurz vor seinem Auftritt nochmals im Spiegel betrachtete, dachte er sich nicht – wie sonst immer – „Hey Baby (Uhh) (Ahh)“, sondern hörte plötzlich, wie eine tiefe Stimme ihm zuflüsterte: „Ich bin so schön, ich bin so toll, ich bin der Anton aus dem Vatikan.“ Er vermutete, dass dieser verwirrende Versprecher seiner inneren Stimme auf die Kappe des Kardinals ging, legte sie aber dennoch nicht ab, sondern stürmte auf die Bühne und wartete darauf, dass das Playback einsetzte. Als ihm dann jedoch noch, in der bunten Masse des schunkelnden Publikums, statt der heiligen Antonia im Gummiboot der Heilige Geist erschien, wurde ihm plötzlich eines klar: Seine Heimat sollte fortan nicht mehr das Ötztal sein, sondern der Vatikan.

Via Facebook Messenger kontaktierte er daraufhin seinen neuen Freund Christoph Schönborn und erläuterte ihm seinen noch streng geheimen Wunsch nach Neuorientierung. Dem wiederum kam der Auszug des Schlagerbarden aus dem Ötztal sehr gelegen, hatte er doch durch seine gesteigerte Medienpräsenz das Verlangen entwickelt, den Steinboden des Stephansdoms gegen das Societyparkett zu tauschen. Ein Tausch bot sich also an, der Gerry Friedle kurzerhand als Ersatz Christoph Schönborns zum Erzbischof von Wien und damit auch zum Papstanwärter machte. Die guten Verbindungen Schönborns in den Vatikan ließen das ohne größeren bürokratischen Aufwand vonstattengehen. Eine Ausnahmeklausel erlaubte es Friedle auch, seine eigenen kreisrunden Kappen zu behalten. Am 20. Mai 2019 titelte eine bekannte österreichische Tageszeitung bereits: „So schön und auch so toll: Wir sind Papst“, und der ORF strahlte die große Doku „Der verkappte Kirchenmann“ aus.

Foto: Getty Images
Text: Sarah Wetzlmayr

Gerry Friedle, alias DJ Ötzi (* 7. Jänner 1971), wurde mit Hits wie „Anton aus Tirol“ und „Ein Stern“ zu einem der Fixsterne am österreichischen Schlagerhimmel.