KULTUR

Gregory Porter

Er bezeichnet sich selbst als den Mann, der den Jazz entstaubt und das Genre massentauglich gemacht hat. Wie er dabei auch die eine oder andere Flasche Schampus abstauben konnte, erzählt Gregory Porter im WIENER-Interview.

INTERVIEW & FOTO: SANDRA KEPLINGER

Was wir hören, beeinflusst unsere Geschmacksnerven, sagt eine neue Studie aus Oxford. Das ließen sich die Champagner-Marke Krug und Musiker Gregory Porter nicht zweimal sagen und verpaarten den Krug 2002 mit den Songs „Liquid Spirit“ und „No Love Dying“. Wie das harmoniert, erklärt uns der Grammy-Gewinner Gregory Porter höchstpersönlich.

Wie viel Champagner trinken Sie in der Regel vor einer Performance?

Ich versuche, nicht zu viel zu trinken, weil ich einer der wenigen Menschen bin, die von Champagner aufstoßen müssen (lacht). Zugegeben, wir trinken schon mal die eine oder andere Flasche Champagner nach der Show, aber das ist leider nicht immer Krug. Das ist eine ziemlich teure Flasche!

Was hat der Song „No Love Dying“ mit dem Krug 2002 gemein?

Ich glaube, das Lebensgefühl und das Handwerk haben viel gemeinsam. Ich sage in meinem Lied „Liquid Spirit“: „Watch what happens when the people catch wind, when the water hits the banks of that hard dry land.“ Das heißt nichts anderes als: Wenn Sie eine Chance haben, es kennenzulernen, werden Sie es mögen. Ich sage das nicht nur, weil ich muss, vertrauen Sie mir! Ich bin einige Male um die Welt gereist und habe eine Menge Wein und Champagner gekostet. Der Krug 2002 war der beste, den ich bis jetzt getrunken habe. Das Handwerk, das Verständnis und das Vermögen, das es braucht, um diesen Champagner zu kreieren, erwecken in den Menschen die Liebe zum Drink.

Wir würden Sie den typischen Mann beschreiben, der Ihre Musik hört und währenddessen ein Glas Champagner schlürft?

Ist das wirklich ein typischer Mann, der Gregory Porter hört und Champagner trinkt? (Lacht.) Krug und ich haben das gleiche Grundbedürfnis: Als Produkte geliebt zu werden. Letzlich bedeutet guten Champagner zu trinken, Respekt vor gutem Geschmack zu haben. Wenn man meine Musik mag, stimmt man vielleicht auch meiner Message zu. Gegenseitiger Respekt, Liebe und positives Denken sind mir wichtig. Also muss ein Mann, der Gregory Porter hört, während er Krug trinkt, eine nette, interessante und tiefgründige Person sein.

Wie haben Sie den Weg vom Football-Feld zum Jazz-Club gefunden?

Ach, alle Europäer machen mich zum Profi-Footballer!

Ja, weil wir Europäer keine Ahnung von American Football haben!

Aber ich doch auch nicht! (Lacht.) Ich habe College-Football gespielt und nach einer Verletzung ins Jazz-Fach gewechselt. Es sind zwei völlig unterschiedliche Welten! Die zwei Dinge, die vielleicht korrelieren, sind Teamwork und Führungskraft – Eigenschaften, die man als Bandleader haben muss. Die Musiker warten auf meine Einsätze, müssen sie von Händen, Stimme und manchmal sogar Beinen ablesen. Das erfordert eine Menge Teamwork.

Ihr Erfolg scheint dem Jazz die Türe für ein jungeres Publikum zu öffnen …

Es muss an meiner Stimme und einigen Entscheidungen, die ich in meiner Karriere getroffen habe, liegen. Offensichtlich haben die Disclosure-Kollaboration und der Erfolg von „Be Good“ ein jüngeres Publikum angezogen. Der Remix von „1960 What?“ hat auch seinen Teil dazu beigetragen, das war der erste meiner Songs, den die Dance-Community wahrgenommen hat.

Und sind Sie glücklich mit dieser Art von Bekanntheit?

Natürlich! Weil das Publikum so Kontakt mit meinem Werk aufnimmt und eventuell das Original anhört – und dann kommen sie zu meinen Konzerten. Jazz muss abgestaubt werden, er stand viel zu lang im hintersten Regal.

Die Leute flippen bei Ihren Auftritten regelrecht aus. Wieso passiert das einem Herbie Hancock nie?

Natürlich ist das auch Herbie Hancock passiert! Er hat Großes geschaffen, wir orientieren uns alle an ihm. „Rockit“ war ein Wahnsinn (er fängt an, „Rockit“ zu improvisieren) – das war der Song meiner Kindheit!

Erzählen Sie uns vom neuen Album „Take Me To The Alley“. Es geht um Protest, gegenseitigen Respekt und die Liebe in all ihren Facetten.

Ich singe über meinen dreijährigen Sohn: Die Welt ist ein Spielplatz für ihn, er hätte am liebsten zehn Kugeln Eis am Tag. Wir geben sie ihm natürlich nicht, aber ich mag seine Überzeugung, dass er zehn Kugeln am Tag haben SOLLTE! Ich hoffe, er kann sich diese Unbeschwert- heit so lange wie möglich erhalten, denn das Erwachsenenleben, Probleme und Steuern werden kommen wie das Amen im Gebet. Ich denke, es ist die Aufgabe eines Künstlers, an einem stillen, nachdenklichen Ort etwas zu erschaffen, das Menschen mit den verschiedensten Hintergründen und Geschlechtern, an den verschiedensten Orten ansehen und sagen können: „Darin erkenne ich mich wieder.“ Das trifft vor allem auf die Liebe zu. Ich habe mich in zu viel hineingesteigert, mir wurde das Herz gebrochen, ich bin zu lange in einer Beziehung geblieben, so wie jeder andere auch. Das sind die Dinge, zu denen wir alle Bezug haben. Egal wie unterschiedlich unsere Nasen und Hautfarben sind: Wir können beide dasselbe Gemälde ansehen und uns darin wiedererkennen, basierend auf un- seren Gemeinsamkeiten, den ähnlichen Erfahrungen, die wir gemacht haben. Das ist Kunst! Das ist es, was uns zusammenbringt im Tanz, im Film, in der Malerei und in der Musik.