AKUT

Kann Kunst Leben retten?

Sarah Wetzlmayr

Ai Weiwei setzt mit seiner neuen Installation „F Lotus“ im Wiener Belvedere ein Zeichen. Eines, das aus 1005 Schwimmwesten besteht.

von Sarah Wetzlmayr

Das Ausland schaut auf Österreich – genauer gesagt auf den Garten des Belvedere – und ausnahmsweise nicht wegen irgendwelcher (An-)fecht-Duelle oder sonstigen politischen Sticheleien, sondern wegen des chinesischen Künstlers Ai Weiwei. Also irgendwie doch aus politischen Beweggründen, von denen Weiweis Kunst nämlich niemals isoliert zu betrachten ist. Seine neue Installation „F Lotus“ ist im Moment in der barocken Umgebung des Belvedere zu sehen – schwimmt, in Form von 1,005 Schwimmwesten, genauer gesagt auf dem Teich vor dem Belvedere.

Ins Schwimmen dürfte bei der Interpretation der Installation wohl niemand geraten – denn die politische Referenz des Künstlers ist einfach identifizierbar: Flüchtlingsbewegungen, die sogenannte Flüchtlingskrise und die für uns unvorstellbaren Strapazen und Hürden, die die Flucht in ein anderes Land immer bedeuten und die vielfach auch tödlich ausgingen, geben den Rahmen vor in dem Ai Weiwei sich mit dieser beeindruckenden Installation bewegt. Innerhalb dieses Referenzrahmens ist die gesamte Ausstellung Weiweis im 21er Haus in Wien zu betrachten, deren Titel „Transformations – Translocation“ ebenfalls auf diesen thematischen Schwerpunkt hinweist. Die Schwimmwesten für die Installation sammelte er auf Lesbos, das – wie der Künstler in einem Interview betonte – mit 500,000 dort vorgefunden Rettungswesten – einer wahren Landschaft aus Westen gleicht.  Ein minimal kleines Stück dieser Schreckenslandschaft transferierte er nun in den Teich vor dem Belvedere, um darauf aufmerksam zu machen, dass, trotz Abflauens medialer Berichterstattung, Menschen auf der Flucht immer noch ihr Leben verlieren. Zurück bleibt, mit Ausstellungen wie dieser, also die Hoffnung, dass die Kunst, wo Medien und Wissenschaft versagen oder sich anderen Dingen zuwenden, Menschen dazu bewegen kann, über diese verlorenen Leben und vielleicht auch ihr eigenes nachzudenken. Ai Weiwei ist es mit dieser Installation also gelungen, nicht nur Bewegung und Tranformation zum Thema zu machen, sondern diese beiden Prozesse vielleicht auch in den Ausstellungsbesuchern auszulösen. Ob die Installation möglicherweise auch ein Appell an europäische Regierungen ist, die nach der Ansicht vieler, in der sogenannten Flüchtlingsfrage nach falschen Antworten suchen – und ihnen damit ein „Seid ihr noch zu retten?“ zuruft, darüber kann man diskutieren.

Die Ausstellung ist vom 14. Juli bis 20. November 2016 zu sehen.
www.aiww21.com