Nickelback

Hannes Kropik

Am Donnerstag, den 15. September, beehren die kanadischen Chart-Rocker Nickeback im Rahmen ihrer Europa-Tournee wieder einmal die Wiener Stadthalle. WIENER Online-Redakteur Hannes Kropik erinnert sich aus diesem Anlass an eine höchst private Begegnung mit Sänger Chad Kroeger und dessen Bass spielendem Bruder Mike.

Vor der Garage parken ein silberner Jaguar, ein roter Dodge, eine schwarze Corvette. Man will ja nicht jeden Tag mit dem gleichen Schlitten zum Bäcker fahren. Oder sonst wo hin, denn zu Fuß gehen fällt definitiv aus. Das dazugehörige Anwesen am Rande von Abbotsford, eineinhalb Autostunden östlich von Vancouver, liegt schon irgendwie abgeschieden und ist auch recht groß, alleine zur nächsten Kreuzung fährst du mehrere Minuten den Zaun entlang. Außerdem ist es schön ruhig hier und das ist wahrscheinlich sehr nett, wenn du der Sänger von Nickelback bist und du dich auf Tournee Abend für Abend einer ausgewachsenen Dezibel-Attacke aussetzt. Außerdem brauchen deine Pferde ja auch ein bisserl Auslauf.

Es ist Sommer 2003, als ich – damals noch für den Rennbahn Express ­– nach Kanada fliegen darf, um Nickelback anlässlich ihrer vierten CD „The Long Road“ zu interviewen. Das millionenfach verkaufte „How you remind me“ hatte zuvor ordentlich Bares in die Kassen der privat ausgesprochen sympathischen Rocker gespült. Und wohl auch in jene der Plattenfirma, die Journalisten aus der ganzen Welt zu einem besonderen Termin einfliegen lässt: eine Privataudienz zu Hause beim Frontman!

Der Trip beginnt aber durchwachsen (und das nicht nur, weil meine Anreise nach dem Urlaub in Puerto Rico über New York und Wien einigermaßen umständlich war): Das Einreiseprozedere dauert eineinhalb Stunden, weil der Zöllner seine Suche nach Marihuana und anderen illegalen Substanzen sehr ernst nimmt. Als ich diese Geschichte später Mike Kroeger, dem Bassisten von Nickelback und älterem Bruder von Sänger Chad, bei einem Fläschchen Bier erzähle, findet er sie ausgesprochen amüsant: „Wie lautet dieses Sprichwort? Eulen nach Athen tragen? Alter, Vancouver und Umgebung, das ist ein Paradies für Marihuana-Züchter. Durch irgendwelche Meeresströmungen im nahen Pazifik haben wir hier ein sehr angenehmes Klima. Fast alle meine Kumpels haben früher selbst Gras gezogen. Vancouver ist das Hauptanbaugebiet in Nordamerika, von hier aus wird der gesamte Nordwesten der USA beliefert. Und der Zöllner glaubt, dass irgendwer mit dem Flugzeug Drogen ins Land schmuggelt? Alter, das ist wirklich gut.“

Das Bierchen gönnen wir uns nach dem Interview in der Küche von Chads Ranch, ein Kätzchen liegt gemütlich auf der Arbeitsplatte in der Sonne. Worum es in dem Interview gegangen ist? Keine Ahnung, das ist ja ewig her. Spannender ist, dass es im Haus noch nach frischer Farbe riecht, nach frischem Holz, nach frischem Lack. Der Billardtisch im Keller steht in einem noch unverputzten Raum.

Chad ist ein umsichtiger Gastgeber. Ins Gästehaus dürfen wir zwar nicht, weil dort gerade ein neues Tonstudio eingebaut wird. Ansonsten können wir uns frei bewegen. Der zuständige Mann von der Plattenfirma (der das alles hier bezahlt), ist leider weniger locker. Nein, lauft nicht herum, bleibt hier in der Küche. Nehmt euch noch ein Bier. Und greift nichts an und macht ja keine Fotos!

Warum am Fuß der prächtigen Holztreppe hinauf zu den Privatgemächern ein Stapel Filzschlapfen liegt, ist anfangs nicht ganz klar. Bis Mike nach oben verschwinden will.

Chad: „Ey, was machst du da?“
Mike: „Ich will nur kurz auf die Toilette, Alter.“
Chad: „Zieh dir die Stiefel aus!“
Mike: „Das ist nicht dein Ernst, Alter.“
Chad: „Doch, Alter. Da oben ist alles dreckig und du trägst dann wieder den ganzen Mist durchs Haus. Ich werd nicht wegen dir wieder Dreck wischen. Zieh dir die verdammten Schlapfen an.“

Mike tut es. Wie später auch Chad. Und beide tragen sie unter ihren Cowboyboots und Lederhosen: weiße Tennissocken.