Essen

Lokal: Dosen und Futter

Bier & Bierli als Lokalname klingt lustig. Kein Witz allerdings ist, dass unweit der Staatsoper Slowaken eine schnörkellose Wiener Küche zu zivilen Preisen servieren.

TEXT: ROLAND GRAF

Wäre das Restaurant hinter der Oper eine Zeitung, würde man wohl von einem Relaunch sprechen. Denn das knapp ein Jahr geöffnete Lokal wurde bis zum heurigen Frühjahr kaum wahrgenommen. Mikuláš Ferko als Geschäftsführer hat dem Bier & Bierli aber nicht nur einen ruhigen (!) Gastgarten verpasst, seine Schwester hat auch ein wenig die sozialen Medien aktiviert. Die Slowakei-Connection hat einen Grund, denn auch der Eigentümer des Lokals stammt aus dem Nachbarland. Dass es den schrägen Namen trägt, verdankt sich ebenfalls Marián Ivanko, der ein besessener Sammler von Bierdosen ist. Aus aller Herren Länder stammen die Alu-Hundertschaften, zusammen ergeben sie eine ganze Wand, die teils mit historischen Raritäten aufwartet und der Hingucker im Lokal ist. Für Leute, die Mittagstisch-Instagrammer hassen, ergibt das den schönen Nebeneffekt, dass sich die Handykamera öfter auf die Bierdosen richtet. Die Bierauswahl im Lokal wird noch wachsen, Craft Beer sucht man vergeblich, immerhin gibt es Kaltenhausener als eines der fünf Fassbiere.

Doch wir sind schon im zweiten Absatz und wissen noch nicht, was zum Bier serviert wird. Fangen wir mit dem Wichtigsten an: Schnitzel haben die grenzüberschreitenden Köche drauf. Aber so was von! Weiches Kalbfleisch, knusprige Panier, serviert wie aus dem Koch-Lehrbuch und zu einem echten Kampfpreis für die Citylage! Käsespätzle, Gröstl und Gulaschsuppe auf der Karte signalisieren, dass man sich hier nicht um Avantgarde kümmert. Nein, in diesem Teil der Operngasse wird kein Schäumchen auf vegane Suppen gezwirbelt! Stattdessen gibt es sättigende Klassiker mit hohem Hausmacher-Anteil. Exemplarisch dafür sei der Krautsalat genannt, dessen Geheimnis sich der Kellner schließlich entlocken ließ (bei der ebenfalls köstlichen Ingwer-Limonade zierte er sich noch): Fein geraspelter Apfel gibt der Beilage eine Frische, die ihr bestens steht. Die kann man, wenn man sich etwa das Rib-Eye (19,90 Euro, bereits mit allen Beilagen) schmecken lässt, gut gebrauchen. Oder das Knödel-Trio, bei dem Oberösterreicher Glückstränen vergießen.

Machen wir es kurz: Bier & Bierli ist der seltene Fall einer Wirtshaus-Neueröffnung, die sich wenig um Wiener-Beisl-Konventionen und Inneneinrichtungsdogmen kümmert. Dafür umso mehr um die Küche.

BIER & BIERLI

Operngasse 12, 1010 Wien, geöffnet ist Montag bis Sonntag von 11 bis 24 Uhr, Küche bis 23 Uhr.
bierundbierli.at

Preise: Vorspeisen ab 4,60 Euro (Gulaschsuppe); Tagesgericht mit Suppe davor um 7,90 Euro, Hauptspeisen wie Rib-Eye-Steak mit Beilagen um 19,90 Euro.
Pflicht-Kauf: Gröstl mit Krautsalat, die Knödel-Variation oder einfach das „Wiener“ vom Kalb.
Ideal für: Erstes Essen nach der Fasten-Kur oder Lunch mit US-Gästen nach dem Sightseeing.

o-25 = kann nix
25-50 = Luft nach oben
50-75 = solid
75-100 = überzeugendo-25 = läppisch
25-50 = leistbar
50-75 = leicht gehoben
75-100 = LuxusFoto: Sandra Keplinger