AKUT

Objektiv. Die Uniform des Dienstmädchens

Die erotischen Bilder von Ralph Manfreda zeigen keine herkömmliche Dienstmädchen-Inszenierung, sondern sind Teil siener wissenschaftlich-philosophischen Theorie zur differenzierten Sichtweise von Religion und Erotik. Mit feinen Linien erforscht er den weiblichen Körper nach anthropometischen Gesichtspunkten. Was technisch klingt, sieht poetisch aus. 

Fotos: Ralph Manfreda

„Christen beten eine heilige Vagina an“

Ralph Manfreda im Gespräch über sein fotografisches Werk.
INTERVIEW: ANNELIESE RINGHOFER

Die Frauen in deinen Fotos zeigen Stärke und Verletzlichkeit gleichzeitig. War es deren Wunsch, gesichtslos zu bleiben?
Da ich nicht will, dass die Amateur-Models aufgrund der Pikanterie meiner Fotos kompromittiert werden, war es mein Anliegen, sie ohne Gesicht zu fotografieren. Außerdem bedeutet das Weglassen des Gesichts – also Anonymität – die Reduktion des Sexuellen auf seine elementare Stufe: das Körperliche. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Durch Überlagerung mit geometrischen Linien werden die Fotos auf ein technisch-mathematisches Level transponiert. Die Mädchen sind am Ende denaturalisierte, topologische Landkarten – wenn ich das so antifeministisch sagen darf.

Welche Momente erotisieren dich beim Fotografieren?
Gar keine. Während eines Shootings zählt ausschließlich das Foto. Die hier gezeigte French-Maid-Serie hat folgenden Hintergrund: Uniformen besitzen eine erotische Komponente. Da ich mit Dienstboten aufgewachsen bin, reflektiert mein Unterbewusstsein auf die visuellen Impulse von Dienstmädchenkleidung.

Abseits der French-Maid-Serie arbeitest du an einer religiösen Thematik. Was ist dein Grundgedanke dahinter?
Den Fotos liegt eine fundamentale Philosophie zugrunde – was sie aus der Millionen-Masse vielleicht schöner, aber gehaltloser Fotos heraushebt. Seit Jahren suche ich nach einem neuen, plausiblen Weg, die Austriebe der Religion und des Jesus-Kults zu entlarven. Die Hingabe gläubiger Menschen an das Religiöse ist der naivste Selbstbetrug, den ich kenne. Mit meinen anthropometrischen Experimenten der Konstruktion geometrischer Formen in den menschlichen Körper entdeckte ich, dass die Architektur der Anatomie bestimmten Winkelgraden folgt und sich durch Addition derselben immer der sogenannte Komplementärwinkel ergibt, der ein Kreuz bildet. Verbunden mit meinen Konstruktionsversuchen einer vitruvianischen Frau mit Mittelpunkt in den Genitalien war es eine logische Folgerung, das Zentrum des Kreuzes – und damit auch seine religiöse Bedeutung – in den Geschlechtsteilen zu determinieren.

Wie lautet deine Theorie und welche Botschaft transportiert sie?
Diese sexuell konnotierte Symbolik brachte mich auf die Idee, dass die zweifelhafte Sekte, die dieser Jesus mit seinen Jüngern gebildet hatte, nicht nur das Heil der Welt suchte, sondern durchaus auch weltlichen Gelüsten frönte; mit Trinkgelagen, sexuellen Mätressen-Diensten oder homoerotischen Beziehungen. Die Schilderungen des Lebens Jesu bieten derartige Anhaltspunkte, und es benötigt nur wenig Fantasie, um einigen christlichen Symbolen sexuellen Gehalt zuzuweisen. Ein Beispiel: der eucharistische Fisch, piktografisch gebildet aus zwei Fingern – dem Geheimzeichen der Urchristen –, stellt eine stilisierte Vulva dar. Derartige Symbolismen nutze ich in meinen Fotos, um dem Konstrukt „Religion“ ein neues Gesicht zu geben, und definiere sie als „quartiäre Geschlechtsmerkmale“. Ich decke Jesus auf als ein sexuelles Symbol.

Mehr Infos und Fotos unter: ralphmanfreda.com