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Diese Woche hassen wir…Konzertorganisation!

Marx Halle Wien: Der Rinderwahnsinn begann erst nach dem Konzert.

Die Wiener Marx Halle machte ja schon im Oktober ihrer Adresse in unmittelbarer Nähe der Schlachthausgasse alle Ehre, weil man sich beim Konzert der britischen Band The Cure eher als Schlachtvieh denn als interessierter Konzertbesucher fühlte. Okay, man befand sich ja schließlich auch in einer ehemaligen Rinderhalle – der Vergleich lag damals also wirklich nahe. Dennoch hinkt er ein wenig, wie die alte Mutterkuh Resl nachdem die zum 18. Mal ein gesundes Kalb zur Welt gebracht hat, denn der neuesten Tierschutznovelle zufolge, muss ein durchschnittliches Fleckvieh mindestens 175 cm x 120 cm Platz für sich beanspruchen können. Das war damals bestimmt nur im Millimeterbereich gegeben.

Vergangene Woche drohte erneut der Rinderwahnsinn die Marx Halle zu befallen, denn die Londoner Band The xx sorgte dafür, dass die Marx Halle sich so schnell füllte wie ein Spritzer-Glas. Man wirkte der Verbreitung des gefährlichen Virenstammes aber entgegen, indem man diesmal die größere Halle beschallte und die kleinere zur Lagerung diverser Jacken, Schals und hipper Jutebeuteln nütze. Soweit so gut. Und so gut war auch die Band, die von Song zu Song ihre Spiellaune auf ein Niveau oberhalb des 10 Meter Bretts brachte. Und immer wieder setzten Jamie XX, wie auch seine linke und rechte bessere Hälfte, sogar zum Sprung in die muntere und spielfreudige Improvisation an. Doch wie man weiß, springen nur etwa 60 Prozent aller, die da hochgekraxelt sind, auch wirklich runter. Dennoch ein Abend, von dem man noch den gesamten Freitag hätte zehren können. Wäre einem danach nicht auch weiterhin noch die Luft weggeblieben. Jedoch nicht – wie während des Konzerts – vor Begeisterung, sondern tatsächlich aus Sauerstoffmangel.

Egal wie toll ein Konzert auch war, danach wollen alle immer nur eines: So schnell wie möglich wieder weg. Das ist an sich kein unbekanntes Phänomen. Den Veranstaltern dieses Konzertabends dürfte aber nicht allzu geläufig gewesen sein, dass das versammelte Publikum so schnell wieder davonläuft, denn selbst der Atem den man nur beim Aussprechen des Wortes „Fluchtweg“ ausstößt, hätte in dieser Masse rausdrängender Menschen, keinen Platz mehr gehabt. Und das obwohl man sich beim Garderobensystem etwas ganz besonderes einfallen ließ – unterschiedliche Farbkategorien mit dazugehörigen Schleusen. Diese waren natürlich sofort verstopft – Menschen, die nicht wussten zu welcher Farbe sie gehören, standen kreuz und quer im Weg herum, Bewegung kam nur ins Spiel indem man von jemand anderem bewegt wurde. Hoffentlich in Richtung der korrekten Farbkategorie. Unterbrochen wurde diese stets dicht besiedelte Schleuse zusätzlich noch von einem Zaun, der immer gerade so weit geöffnet wurde, dass ein Mensch mit einer Taille der Kategorie „Romy Schneider“ durchpasste. Nicht einkalkuliert hatte man, dass in so einer Situation jene Organe, die dafür zuständig sind Dimensionen richtig einzuschätzen, dazu neigen zu versagen, was dafür sorgte, dass viele den Drang verspürten sich zu zehnt durch diese Öffnung zu drängen. Keine Luft, kein Gewand, keine Perspektive. Die Überlegung, sich über das System hinwegzusetzen und die Jacke einfach ihrem Schicksal zu überlassen, wird auch wieder verworfen. Stichwort „Wegwerfgesellschaft“. Doch Mitte 2017 ist eh erstmal Schluss mit der Marx Halle als Konzertlocation. Dann muss man sich hier erstmal neu orientieren. Bleibt zu hoffen, dass das nicht nach einem Farbkategorie-System passiert.