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Pandoras Box – Bitte bizarr!

Vor exakt zehn  Jahren (und lange vor all dem Shades-of-Grey-Schmus) erschien im WIENER Pandora Reithermanns erste Glosse unter dem Titel: „Pandoras Box – Bitte bizarr! Pandora macht Schluss mit Blümchensex und startet einen Feldversuch in Sachen Perversion.“ Na dann!

von Pandora Reithermann

Ich ließ mich erniedrigen, dehnen und verschnüren wie ein Paket. Kniete, flehte und bettelte voller Begeisterung. Nur bei der Sache mit dem Klistier verging mir dann doch der Gusto.

Der Jahreswechsel stand unter einem guten Stern. Im wenig verschneiten Kitzbühel lernte ich J. kennen. Wiener mit leicht grauen Schläfen, vom Typ her der nette Junge von nebenan, Ex-Marketingmensch auf Selbstfindungstrip, dem Konsum von Rauschmitteln nicht abgeneigt, unglücklich liiert mit einer blutjungen Tochter aus besserem Hause. Wir verkrochen uns mit einer Flasche Stoli in eine unbeheizte Sauna, um einen gepflegten Plausch über sexuelle Präferenzen zu führen. Was ich zu hören bekam, hätte jede vernünftige Frau nach Riechsalz, dem Frauenbeauftragten oder einem Anwalt rufen lassen. „Manchmal, ja manchmal, erschrecke ich vor mir selbst“, beendete er gegen fünf Uhr morgens seine Beichte und wirkte dabei, als könne er kein Wässerchen trüben. Meine Wässerchen hingegen kamen in Fluss. Die Einladung zum Candle-Light-Dinner nahm ich an, selbst wenn ich mich auf der Fahrt zu seiner Bleibe ein wenig wie das viel zitierte Opferlamm am Weg zur Schlachtung fühlte. Oder eben: zur Schändung.
Die Nacht bekann harmlos. Auf dem Tisch standen Kerzen, keine Dildos. Beim Durchstöbern einer CD-Sammlung fand ich nur eine (harmlose) Porno-DVD, Sofa und Wände zierten keine Blutflecken. In Sachen Konversation gab sich J. kuschelweich, fast schon hätte ich gesagt: ein Softie. Dann gingen wir ins Bett.

J. war ein Freak der Natur, wie er in keinem Buch steht, außer vielleicht in jenen von einem gewissen Herrn de Sade. Gleich zu Beginn platzierte er mich nackend und bäuchlings am Bett und flüsterte mir ins Ohr, dass bereits die geringste Veränderung dieser Position üble folgen für meinen Gesundheitszustand nach sich ziehen würde. Was für ein Vorspiel. Sekunden später hörte ich ihn im Nebenraum – seinem Spaßkämmerchen – herumhandwerken. Und lernte: Der Knabe verfügt über eine famos sortierte Sammlung an Peitschen, Seilen, Handschellen und anderen chromglänzenden Preziosen, deren genauere Zweckmäßigkeit nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. Nicht Sexspielzeug für die Spießer-Abteilung aus dem Obi-Markt. Das richtige Zeug. Serienmörder-Standard.

Ich ließ mir genüsslich den Hintern versohlen, in dem Punkt bin ich ausreichend geprägt: Übers Knie gelegt zu werden bereitet mir wirklich Spaß. Geschickt dosierte Klapse auf die sprichwörtliche Büchse der Pandora? Eine Wonne. Eine Hand an der Kehle? Sauerstoff findet seinen Weg an bessere Körperteile. Die Stimme meines Herren im Ohr? Der Soundtrack für Höhepunkte. Ich ließ mich erniedrigen, dehnen und verschnüren wie ein Paket. Kniete, flehte und bettelte voller Begeisterung. Nur bei der Sache mit dem Klistier verging mir dann doch der Gusto. Auch meine Neugierde hat Grenzen. J. zeigte sich aber kulant, ich durfte meine Würde behalten und in den wenigen Verschnaufpausen unserer Reise ins Reich der Perversion war er ein richtiger Kuschelbär. Dankbar, eine Spielkameradin gefunden zu haben. „Du zeigst gute Ansätze“ meinte er anerkennen, nannte mich liebvoll „Schlampe“ und gab mir eine zarte Ohrfeige. Dann hatten wir Sex, den handelsüblichen.

Trotzdem, dieser Tango wird wahrscheinlich unser erster und letzter bleiben. Am Tag darauf hatte ich einen leidenden J. am Rohr. Im Eifer des Gefechts hatte ich mein Parfum in seinem Badezimmer vergessen. Und J.s kleine Freundin war ob des Fundes „not amused“. Scheint fast so, als hätte sie außerhalb des Schlafzimmers die Hosen in dieser Beziehung an. Wir lernen: Sadismus ist auch deshalb außer der Norm, weil im Beziehungsalltag nicht umnsetzbar. Ein Spiel, eine Flucht. Die wahre Macht hat das Opfer. Und darüber hinaus die Freundin.

Ergebene Grüße, Eure Pandora.