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Verbissene Schwarzfahrer: Beiß-Attacke auf Schwarzkappler

Sarah Wetzlmayr

Dieser eine Schwarzfahrer, der beim Anblick eines Schwarzkapplers plötzlich nur noch rot sah. 

Es gab Zeiten, da war Schwarzfahren die weniger schweißtreibende Form dessen was wir heute Parcours nennen. Sich über die Hürden und strukturellen Vorschreibungen des Großstadtlebens hinwegzusetzen war tatsächlich mal nicht ganz so schwierig (ohne dabei mit dem Leben oder dem Ende der Fruchtbarkeit zu bezahlen) und auch nicht so teuer. Mittlerweile kostet einen der angstschweißtreibende Nervenkitzel saftige 130 Euro, was unter anderem auch dazu führte, dass die Zahl der Schwarzfahrer seit 2004 stetig zurückgingen. Während 2004 noch 4,6 Prozent nervös auf ihren U-Bahnsitzen hin und her rutschten und auf den Satz warteten, der mit einer Demütigung in der Größenordnung eines Penis im Gesicht gleichzusetzen ist, trauen sich mittlerweile nur noch 1,8 Prozent der Fahrgäste ohne Fahrschein in Bim, Bus oder U-Bahn.

Was bestimmt nicht ab- sondern eher zugenommen hat, ist die Vielfalt und das Kreativitätsspektrum der Ausreden, die jene verwenden, die das „Ihre Fahrscheine, bitte“ wie ein nasser Lappen im Gesicht erwischt. Beliebt sind vor allem: „Ich wollte mir eh grad einen Fahrschein kaufen!“, „Oh nein, den hab ich in der anderen Jacke“ über den obligatorischen Hund, der ihn gerade gefressen hat und bis hin zu „Entschuldigung, ich hab ein Papier-Allergie“. Weil keine von diesen Ausreden jemals irgendwo und irgendwann funktioniert hat, kann man es wahlweise auch noch mit weinen oder weglaufen versuchen. Ersteres funktioniert eher nicht mehr, wenn man nicht wie Andi Goldberger aussieht und die kritische Alters-Marke von 10 Jahren bereits überschritten hat.

Entweder aus purer Verzweiflung, weil eben jene oben angeführten Dinge nicht funktioniert haben, oder aus einer kannibalistischen Tendenz heraus, hat ein 30-Jähriger am Freitag einem Schwarzkappler in die Hand gebissen und diesen leicht verletzt. Warum ausgerechnet in die Hand, könnte man sich jetzt fragen. Jene Hand, sie sich erwartungsvoll nach dem vermeintlichen Fahrschein ausstreckt. Die Gleichung ist wohl ganz eindeutig: Keine Hand bedeutet auch – kein Erlagschein und keine Finger, die man sich noch schmutzig machen kann. Aufgegangen ist die Rechnung aber nicht. Der Fahrgast, der beim Anblick eines Schwarzkapplers nur noch rot gesehen hat, wurde angezeigt.

Foto © Getty Images | millionhope