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Die Sünde ist glutenfrei

Das Klebeeiweiß – Gluten – schlägt weiter um sich. Und erwischt auch die katholische Kirche und ihre Hostien.

Es gibt Menschen, die müssen beim Geruch von Weihrauch ununterbrochen – und damit ist wirklich ununterbrochen gemeint – gähnen. Ich, zum Beispiel, werte das als Allergie, die sich auf diese sehr seltsame, einschläfernde Weise äußert. Es gibt dann aber auch diese Menschen, die sind tatsächlich allergisch oder leiden an einer bestimmten Form von Unverträglichkeit, gehen aber gern in die Kirche. An genau dieser Schnittstelle, die jetzt vielleicht noch – auch ganz ohne Weihrauch – gähnend langweilig wirkt, treffen sich Gluten und die heilige Messe. Ja richtig, in den Hostien, diesen kleinen runden Oblaten.

Papst Franziskus erinnerte nämlich erst kürzlich all seine Bischöfe daran, dass diese in keinem Fall glutenfrei sein dürfen. Gibt man sich jedoch mal die Anzahl der speziell auf Allergiker zugeschnittenen Gerichte in all den Hipster-Bistros weltweit, kann man aber eines mit Bestimmtheit sagen: Mehr und mehr Menschen vertragen kein Klebeeiweiß in ihrem Körper. Der Bedarf an Spezialhostien steigt deshalb merklich an.

„Wir kaufen alle unsere Hostien beim Kloster der Karmelschwestern in Hütteldorf draußen. Und die sind sehr stark glutenreduziert, unter 100 Milligramm pro ein Kilo Mehl“, klärt Dompfarrer Toni Faber die Radio Wien Zuhörer aber auf. Das bedeutet allerdings auch, dass sie nicht gänzlich frei von diesem klebrigen Eiweiß sind, doch das hat – wie alles – seinen Grund:  „Die Materie muss stimmen. Jesus hat beim letzten Abendmahl Brot und Wein genommen. Und wir können da nicht etwas anders verwenden. Für die Verwandlung in der Heilige Messe muss die Materie Brot und Wein vorhanden sein, damit wirklich wahrhaft daraus Leib und Blut Christi wird.“ Produkte, die als Hostien verkauft werden, allerdings ganz ohne Gluten hergestellt werden, gelten daher leider nur als „glutenfreie Oblaten“ und solche scheinen nur schwierig in den katholischen Kopf integrierbar zu sein. Ein Brot ist also nicht ein Brot ist ein Brot – sondern nur dann, wenn es Klebeeiweiß enthält. Dank der katholischen Kirche wissen wir das jetzt auch – und bestellen künftig beim Hipster-Bäcker kein glutenfreies Brot mehr, sondern nur noch ein glutenfreies ….ja, was eigentlich?

 

Fotos © Manfred Schmid | Getty Images, thierry PRAT | Getty Images