Essen

WIENER Test: Möbelhausmannskost

Möbelhäuser haben mehr zu bieten als nur Möbel, Haushaltsartikel und Weihnachtsdekoration: warme Mahlzeiten zum Diskontpreis! Der WIENER hat sich durchgekostet.

Text: Günther Kralicek / Fotos: Maximilian Lottmann, Sigrid Körbler

Irgendwann im vergangenen Jahrtausend hatte ein frühzeitlicher Marketingmensch die geniale Idee: Wir machen ein Restaurant auf, und zwar mitten im Möbelhaus! „Uh?“ und „Hä?“ waren noch die freundlichsten ersten Reaktionen der Entscheidungsträger aus der Möbelindustrie, die das Ganze schließlich bezahlen mussten. Die absurde Kombi macht bei näherer Betrachtung natürlich ganz viel synergetischen Sinn – deshalb hat sich die Sache ja auch flächen­deckend durchgesetzt. Das Kalkül: Potenzielle Käufer reisen mit der kompletten Familie an. Als Karawane. Kaufinteressiert durchstreift man die gigantische Lagerhalle, geht in der Bettenabteilung probeliegen, befummelt Spiegeltüren, prüft die Federungseigenschaften diverser Sofas und furzt in die Ritzen der Ausstellungsstücke. Dann, wenn man vom Wandern durch die unendlichen Weiten der Hallen müde und hungrig geworden ist, erscheint wie aus dem Nichts, zwischen Duschvorhang- und Topfpflanzenabteilung, eine gastronomische Selbstbedienungsoase mit warmen Speisen und kalten Getränken zu Räumungsschluss­verkaufspreisen. Wer kann da schon Nein sagen? Während der Abfütterung bespricht man bei Tisch die bevorstehende Kaufentscheidung noch einmal mit der ganzen Familie (der Frau des Hauses) und schlägt dann – rundum abgefüllt – zu. Wer ein paar tausend Euro für ein neues Wohnzimmer dalässt, soll wenigstens die ganze Familie einmal um 20 Euro satt kriegen. Die Rechnung ist bekanntermaßen aufgegangen, die Kundenfangquoten sind signifikant nach oben gegangen. Alle großen Möbelhäuser haben heute, wir schreiben das 21. Jahrhundert, eine Verpflegungsstation – eine Art zweite Küchenabteilung, in der den ganzen Einkaufstag lang Frühstück, Mittagessen und Kaffeejause ausgegeben werden. Alles ist angerichtet für einen unvergesslichen Familienausflug. Samstagvormittag. Via Südosttangente. „Papa, wann sind wir daaa??“

Der Test
Wir waren jeweils zur Mittagszeit vor Ort – und so viel sei schon mal verraten: Das ganz große kulinarische Erweckungserlebnis haben wir nirgendwo erfahren. Schade eigentlich. Für die Gesamtnote wurden vier (gleich gewichtete) Kriterien herangezogen: verkostetes Essen, Service, Ambiente und Preise. Der WIENER-Test erfolgt anonym und ohne jegliche Einbeziehung der vorgestellten Unternehmen.

© Sigrid Körbler – www.lanigraphy.com

Leiner
Wo: 7., Mariahilfer Straße 18

Leiner-Vorzeigefiliale mit Resten von nostalgischem Kaufhausflair und Restaurant samt Dachterrasse im 5. Stock. Toller Blick auf die Innenstadt, auf Augenhöhe mit den Dächern der meisten Sehenswürdigkeiten. Neben Büromenschen und Touristen krieg ich doch tatsächlich einen freien Tisch!

Mittagsmenü: 2 Mittagsmenüs am Buffet mit Suppe (7,90 Euro). Mit Rindsuppe (Frittaten vs. Backerbsen) oder Kürbiscreme (dick, schmeckt nach Kürbis). Die Kellnerin erklärt mit ungarischem Akzent: „Können Sie auch mehrmals gehen. Können Sie auch mischen beide Buffets. Nur nicht mit Salatbuffet.“ Das lass ich mir nicht zweimal sagen und pack mir von allem was auf  den Teller: Schweinsripperln „Toskana-Art“ (Menü 1, im Tomaten-Kräuter-Dicksaft, sehen schon etwas mitgenommen aus, nicht mein Ding) mit Reis (tadellos) bzw. Putengulasch (Menü 2, Saft gut, Pute intensiv) mit Nockerln (einwandfrei) und Kochgemüse (eh).
Service: Flink, freundlich. Bestellt und bezahlt wird bei Tisch. Mittagsmenü + Salatbar am Buffet, der Rest wird serviert.
Einrichtung: Draußen Sessel, Sofas und Tische mit viel Rattan. Innen Cafeteria-Stil mit Holz(furnier) + Polsterungen. Nicht übel, mögen Leiner-Stammkunden denken.
Billig: Nicht so. Für Mittagsmenü (okay: All you can eat), Getränk (Mineral) und Trinkgeld leg ich 11 Euro ab. Da hätte ich auch gleich à la carte bestellen können, z.B. die Thai-Nudel-Pfanne (veg., 6,90 Euro) oder den Schlemmer-Burger (7,20).

Note: 3 von 5 Punkten

© Sigrid Körbler – www.lanigraphy.com

Kika
Wo: 16., Sandleitengasse 26-30

Kika steckt ja mit Leiner unter eine Decke, darum fährt man auch dieselbe Systemgastroschiene. „Täglich frisch gekocht“ heißt die. „Täglich frisch zu-
bereitet“ würde es eher treffen, denn die Komponenten werden bestimmt (halb-)fertig angeliefert. Von „Live-­Zubereitung in der Koch-Arena“, wie vollmundig auf dem Plakat angekündigt, ist auch nichts zu sehen.

Mittagsmenü: Wieder zwei All-you-can-eat-Menüs um 7,90 Euro (heute Reisfleisch vs. Schollenfilet), aber diesmal nehm ich wirklich die vegetarische Thai-Nudel-Pfanne (6,90 Euro). Man warnt mich vor deren Schärfe. Lächerlich. Vor mir ein Teller mit schmalen Bandnudeln, div. Gemüse und Zitronengras. Stäbchen? Gabel! Schmeckt auch ganz anders als beim Asiaten ums Eck. Nicht schlecht, aber definitiv kein Grund, deswegen wiederzukommen.
Service: Etwas längere Wartezeit, bis jemand an den Tisch kommt – dann aber ganz ordentlich.
Einrichtung: Konzeptlokal im zweiten (dem obersten) Stock, wirkt ganz freundlich. Helles Holz, wohin man schaut. Tafelwände mit Menüvorschlägen in Kreide. Die Speisekarte mit den vielen bunten Fotos könnte vom Rosenberger sein. Im vorderen Bereich viel Tageslicht durch Seiten- und Dachfenster.
Billig: Ich entdecke noch ein paar Angebote, die sowohl bei Kika als auch bei Leiner gelten, z.B. die Happy Hour ab 16 Uhr: halbe Preise auf div. Speisekartenpositionen (Cordon bleu, gebackener Emmentaler, Eiskaffee u.a.). Mehrere – eher klassische – Frühstücksvarianten ab 2,40 Euro.

Note: 3 von 5 Punkten

© Sigrid Körbler – www.lanigraphy.com

Ikea
Wo: SCS Vösendorf

Hej, was soll ich dir erzählen!? Du warst bestimmt selbst schon mal da und kennst das alles hier sehr gut. Mittendrin zwischen weitläufigen schwedischen Wohnlandschaften findest du das Restaurant. Da gibt es mehr als nur Köttbullar und Lachsspezialitäten– z.B. vegetarische Köttbullar oder Flusskrebse, wenn du keinen Lachs magst.

Mittagsmenü: Die Auswahl im Restaurant ist nicht so riesig. Kein spezielles Mittags­angebot, du nimmst das aktuelle „Saisongericht“, Eierschwammerln mit Knödel um 8,99 Euro (mit Family-Card: 7,99) und bekommst eine mittelgroße Portion mit zwei kleinen Knödeln, die dich konsistenzmäßig irgendwie an Umzugskartons erinnern. Die Schwammerln frisch und knackig, das Gesamtgulasch gut gewürzt, um nicht zu sagen: versalzen.
Service: Selbstbedienung. Salatbuffet extra. Anstellen in Serpentinengängen, vorbei an geilen Daim-Torten. In der Kassenschlange kommst du eh bald dran, trotzdem ist dein Essen schon leicht abgekühlt, als du dich an den Tisch setzt.
Einrichtung: Großer, hoher Saal mit bunter Mischung aus hauseigenen Stühlen, Tischen, Sofas und Lampen. Viel weiß gebeiztes Schwedenholz versprüht so etwas wie Freundlichkeit. Im angrenzenden Café hast du’s noch chilliger, weniger bahnhofshallig.
Billig: Richtiges Schnäppchenessen findest du unten beim Imbissstand, gleich hinter den Kassen, z.B. die sensationellen Hot Dogs (1 Euro) oder Käsekrainer um 2,50. Dazu Schwedenkracherl bis zum Umfallen (1 Euro). Målzeit!

Note: 3 von 5 Punkten

© Sigrid Körbler – www.lanigraphy.com

XXXLutz
Wo: 15., Hütteldorfer Straße 23, neben der Stadthalle

Das übergroße Möbelhaus hat was von Porno (XXX) und natürlich auch ein Restaurant im Kasten. Das Publikum scheint das super zu finden. Außer an einem schmalen Bartisch ist hier kein Platz mehr frei. Man punktet mit günstigen Preisen und bemerkenswertem Service. Und das Beste: Familie Putz ist heute nicht zu Hause!!

Mittagsmenü: Kleine Karte, dazu tägl. Menüs mit Suppe (heute Eierschöberl + 2 Hühnerspieße vom Grill m. Süßkartoffeln um 6,90 Euro) sowie ein vergünstigtes Tagesangebot aus der Standardkarte um 3,90 (!) Euro. Heute (Mo) ist Cevapcici-Tag. Yes! 4 Stück gut gewürzte Ceverl (innen gelblich-lachsrosa), recht groß, etwas labbrig. Pommes Standardware, knusprig, Fett ist definitiv mit im Spiel. Am Teller auch frische Zwiebelringe und Ajvar (leicht spicy Paprika-Dipsauce). Ich bestelle scharfen Senf extra, den man mir anstandslos dazuserviert. Im Sackerl.
Service: Sehr freundliche, aufmerksame Bedienung durch drei Kellnerinnen, die in dem Gewurl hier nie Überblick oder Geduld verlieren.
Einrichtung: Macht auf rustikales Stüberl (Holz), versprüht aber eher das Flair einer Autobahnraststätte. Niedrige Raumhöhe, Lüftungsventilatoren und Feuermelder zum Greifen nah. Die Deko-Lampen und Vasen möchte ich nicht geschenkt haben. Den Eiskaffee-Gutschein, den man mir in die Hand drückt, nehm ich aber gern mit.
Billig: Nach dem Tagesangebot (3,90) vielleicht Kaffee + Mehlspeise (1,90)? Ansonsten handelsübliche Preise.

Note: 3,75 von 5 Punkten

© Sigrid Körbler – www.lanigraphy.com

Mömax
Wo: SCS Vösendorf, Europaring

Schon bei der Zufahrt am SCS-Europaring lacht mich ein Köderplakat an: Knödel mit Schwammerlsauce um 3,90! Schon wieder Schwammerlgulasch? Egal, der direkte Vergleich mit dem großen Schweden interessiert mich. Auch möbelmäßig lehnt man sich ja ein bisschen an IKEA an, obwohl Mömax zur XXXLutz-Gruppe gehört.

Mittagsmenü: Weniger Schwammerln als bei Ikea, dafür größere Knödel. Eierschwammerln neben Champignons in der Pfanne. Cremige Sauce, ganz okay eigentlich, klarer Punktesieg für Mömax im direkten Pilzvergleich, nicht nur wegen des Preises.
Service: Als ich an der SB-Theke bestelle (und gleich auch bezahle), bemerke ich, dass das Schwammerlgulasch nun doch mit 5,90 verrechnet wird. Ich begehre auf. Der nette junge Mann erklärt, dass der günstige am Plakat angegebene Preis nur mit Gutschein gelte – tut aber dann so, als hätte ich einen und verrechnet die billigen 3,90. Am Ende erlässt er mir weitere 20 Cent, weil ich nicht genug Kleingeld habe. „Sie werden dann aufgerufen mit
der Nummer 60.“
Einrichtung: Kleines Lokal mitten im ­Eingangsbereich. Schickes helles Holz, ­verschmolzen mit hässlichen Metall­komponenten. Auf dem Tisch Kunstblumen aus der hauseigenen Dekoabteilung.
Billig: Die mittelgroße Karte unterscheidet sich doch da und dort vom XXXLutz-Restaurant. Als Mittagsmenü gäb’s heute z.B. Suppe + hausgemachte Bauernnockerln um 5,50 Euro. Weitere Wochen-Angebote: Eiskaffee (2,50 Euro) oder Schopfsteak mit Pommes u. Salat (6,90 Euro).

Note: 3,5 von 5 Punkten

© Maximilian Maquez Lottmann

Ludwig
Wo: 10., Katharinengasse 1, am Verteilerkreis Favoriten

Hm, der Ludwig. Erschwerte Zufahrt, weil der halbe Verteilerkreis Baustelle ist und ein ver***** LKW-Fahrer die Einfahrt zum Parkhaus verstellt hat. Auch innen wird grad umgebaut, wiiiiiiep! wiiiiiiep! Mann, da kommt Stimmung auf.

Mittagsmenü: Menü 1, Spaghetti bolognese (4,99 Euro), leider aus. Dann halt Menü 2: Schweinsschnitzel mit Zucchinisauce und Kroketten (6,99 Euro). Suppe (Tiroler Speckknödel vs. Fenchelcreme) oder Dessert (Schokopudding) ist dabei, meine Wahl fällt auf die Speckknödel, gar nicht übel, frischer Schnittlauch, immerhin. Dann die Hauptspeise: Die Kroketten öde Masse, ertränkt in einem graugrünen Meer aus lauwarmer Zucchinicreme-Tunke, die die Trockenheit des Naturschnitzels geschickt überspielt. Ich esse dann aber doch alles auf und werde satt.
Service: Eine einzelne, resolute Frau schupft den Laden und dirigiert Gäste in moderatem Befehlston zwischen Ausschank und Registrierkassa hin und her.
Einrichtung: Messehallenzauber. Locker verteilte Tische im „modernen“ Fusion-Stil. Ein Deko-Weinfass darf nicht fehlen. Potthässlicher Wintergarten für Raucher und eine unfreiwillig trashig-charmante Terrasse mit Blick auf den großen Kreisverkehr.
Billig: Jeden Sa 1/2 Grillhendl m. Semmel um 2,99 Euro (ab 11 Uhr stündl. 20 Por­tionen, solange der Vorrat reicht). Neben Menüs auch verbilligte Wochenschnäppchen, heute z.B. Salat m. Puten- streifen (4,99 Euro) oder Grillplatte für zwei (7,99 Euro).

Note: 2,25 von 5 Punkten