KULTUR

Games: B.J. is back – Wolfenstein II

Da werden die Sittenwächter wieder heulen: Ein neuer Teil der Kultserie „Wolfenstein“ ist da, und er ist brutaler, zynischer und skurriler als je zuvor. Aber kann das vollkommen über­steigerte Nazi-Bekämpfen in einer alternativen Timeline auch im zweiten Teil des Reboots noch unterhalten?

Text: Markus Höller

Und wie! Schon bei der allerersten Sequenz wird deutlich, dass die schwedischen ­Newcomer Machine Games, die mit „Wolfenstein: The New Order“ vor drei Jahren ihren ersten Major-Titel listeten, keine Eintagsfliegen waren. Groß lastete damals die Verantwortung, den Reboot eines so großen Namens der Games-Geschichte nicht zu versemmeln. Aber die Übung gelang. Samt Add-on. Ganz wie in der Musikbranche ist der zweite Hit ungleich schwieriger, doch auch diese Hürde wurde ­souverän genommen. Die Handlung ist ­viel­versprechend: Das Dritte Reich hat den Zweiten Weltkrieg mithilfe überlegener ­Technologie gewonnen, nur wenige Widerstandsnester usw. – das kennt man als Serienjunkie ja auch von der Amazon-Produktion „The Man in the High Castle“ respektive deren Autor Philip K. Dick selbst. Wir befinden uns in den 60er-Jahren, die ­heile US-amerikanische Milkshake-Welt mischt sich mit dunklen Ledermänteln, den Eh-scho-wissen-­Flaggen überall und jede Menge Steampunk. Man spricht Deutsch. Zu allem Übel feiert unter den Nazi-­Besatzern auch der ­Ku-Klux-Klan fröhliche ­Urständ.

Milkshakes und Sauerkraut: Das bunte 50er- und 60er-Flair wird vom brutalen Regime der deutschen Besatzer und dem Ku-Klux-Klan überschattet. Foto: Hersteller

Wobei, Nazi soll man ja nicht sagen. Zumindest solange es nach den Prüfern in Deutschland und Österreich geht, wonach das Abbilden diverser Insignien nach dem Verbotsgesetz in Games (im Gegensatz zu Filmproduktionen) immer noch nicht ­erlaubt ist. Klingt komisch, ist aber so. Als ob bei „Obergruppenführerin Irene Engel“ nicht klar wäre, welche vermeintliche Herrenrasse hier die Amis okkupiert. Wer aber über die Ersatz-Bestückung diverser Flaggen und dergleichen in der hiesigen Fassung hinwegsehen kann, wird reich ­belohnt. Da nichts geschnitten wurde, kann man sich in der deutschsprachigen Version auf außerordentlich rustikale Auseinandersetzungen freuen. Gerade im Zusammenhang mit der für viele problematischen, aber natürlich satirischen Thematik des Spiels auch ein klarer Grund, hier unter 18 niemanden an die Controller zu lassen.

Brutal und zynisch: Wolfenstein II. Foto: Hersteller

Über die Handlung muss man nicht viele Worte verlieren, über die Technik schon. Erstmals bei „Wolfenstein“ kommt die neue Engine id Tech 6 zum Einsatz, die im Vorjahr schon den „Doom“- Relaunch befeuert hat. Ganz neu ist ein interessantes Akimbo-System: Man kann nicht nur wie bisher mit zwei baugleichen Waffen gleichzeitig hantieren, sondern auch mixen. Also Maschinengewehr links, Pumpgun rechts. Oder umgekehrt. Und noch viele weitere Kombinationen mit interessanten Kampfoptionen. Wieder dabei sind auch die äußerst unguten Panzerhunde, die diesmal aber eine gelungene ­Möglichkeit bieten, sie gegen ihre Halter ­einzusetzen. Alle Gegner werden übrigens von einer KI gesteuert, die ausgesprochen unangenehm werden kann.

Alles in allem bereitet es also wieder mal ein diebisches Vergnügen, es in der Haut von William „B.J.“ Blazkowicz mit allerlei schwerem Gerät, flapsigen Sprüchen und einer illustren Truppe von Verbündeten richtig krachen zu ­lassen. Schießereien, Explosionen, kontroverse Cutscenes – alles da, was die Political Correctness verbietet. „Wolfenstein II: The New Colossus“ bleibt auch in der offiziell zehnten ­Iteration der Serie seinen Wurzeln treu: Over-the-top-Action, bissige Sozialkritik, brillante Plots und Charaktere sowie das Quentchen ­Koketterie mit dem Unaussprechlichen, um sich von gewöhn­lichen Shootern abzuheben.

Infoporn
Wolfenstein II: The New Colossus
Entwickler: Machine Games
Publisher: Bethesda Softworks
Erschienen für: PS4, Xbox One, PC
Spieler: Singleplayer, Multiplayer

GEWINNSPIEL:
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