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Kritisches Killen – Shooter Far Cry 5

Games, speziell Shooter, ­leiden oft unter Zensur und Verteufelung. Nicht zuletzt deswegen, weil sie in den ­Augen der Kritiker nur sinnloses Töten ohne nennenswerte Botschaft oder Moral propagieren. Doch Spiele wie die ob ihrer Nazi-Thematik umstrittene „Wolfenstein“-Serie und der brandneue fünfte Teil der „Far Cry“-Reihe werfen ein sehr differenziertes und kritisches Licht auf das Genre.

Text: Markus Höller

Während „Wolfenstein“ als Ur­vater der 3D-Shooter schon von Anfang an offen mit Nazi-Symbolik kokettierte und das Gedankengut des finstersten Kapitels der Menschheit mit zunehmend mehr Sarkasmus und gewöhnungsbedürftigem Humor aufs Korn nimmt, lassen sich Shooter wie „Far Cry“ gewöhnlich kaum auf schwierige Themen ein. „Wolfenstein“, das sind B.J. Blazkowicz, All American Hero, auf der ­einen und grotesk ­überzeichnete ­Hakenkreuz-­Bösewichte auf der anderen Seite. Hakenkreuze freilich nur außerhalb von Deutschland und Österreich, leider haben aufgrund des Verbotsgesetzes Games als einzige Kunstform noch nicht die völlige ­Freiheit der Abbildungen durchsetzen können. Aber das ist eine andere Geschichte. Was bei „Wolfenstein“ bleibt, ist ein völlig überdrehtes, aber erstaunlich akkurates Bild einer Schreckensherrschaft, sodass einem trotz Slapstick und schwarzem Humor oft das Lachen im Hals stecken bleibt. Mission accomplished.

„Far Cry“ hingegen war in seinen bis­herigen Teilen, vor allem 3 und 4, von ­generischer Shooter-DNA geprägt. Die ­Bösewichte, mal psychotisch-irre, mal ­narzisstisch-empathielos, waren immer eindeutig von den großen Wahnsinnigen der Filmgeschichte geprägt, sei es Ernst Stavro Blofeld oder Jigsaw. Im Grunde also trotz aller Kurzweil nichts Neues. Im aktuellen „Far Cry 5“ aber sehen wir uns nicht auf einer tropischen Insel im Nirgendwo oder im Hochgebirge am Ende der Welt mit Westentaschen-Idi-Amins konfrontiert, sondern mitten im US-amerikanischen ­Heartland mit militant-religiösen Eiferern. Diese ­unerwartete Nähe zur Realität macht uns Angst. Und das ist gut so.

Unter dem blauen Himmel Montanas führt Father Joseph Seed mit seinen Geschwistern eine von religiösem Wahnsinn, Waffen und Drogen befeuerte Sekte.

Rückblende. Wir schreiben das Jahr 2016, Entwickler Ubisoft plant nach dem schrägen Paleo-Ableger „Primal“ einen neuen „Far Cry“-Teil. Gleichzeitig starten in den USA die Primaries, also die Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl. Immobilientycoon, Großmaul und generelles Enfant ­terrible der Milliardärsszene Donald Trump tritt auch an, wird aber (noch) recht unverhohlen als chancenlos belächelt. Unabhängig davon beschließt Ubisoft die Rahmenhandlung seines neuesten ­Premium-Shooters: Ein selbsternannter Prediger namens ­Joseph Seed verkündet im ländlichen ­Montana mithilfe seiner Familie eine neue Erweckung, das Ende der Welt, und beginnt, Jünger um sich zu scharen und ­Leute mitunter auch gegen ihren Willen zu missionieren. Das Ganze natürlich mit der speziell in den ruralen USA üblichen üppigen Bewaffnung.

Tod, Tattoos und Todsünden gehen in „Far Cry 5“ äußerst pittoresk Hand in Hand und auch die Sozialkritik findet ihren Platz.

Während also die Entwickler an der Story und technischen Umsetzung der Vision von hochgerüsteten christlich-fundamentalistischen Spinnern arbeiten, holt die Realität die Fiktion ein: Dank der tatkräftigen ­Beteiligung der hochgerüsteten christlich-fundamentalistischen ­Konservativen im echten Leben ­gewinnt Trump die Wahl und wirft seither alles über den Haufen, was bisher außerhalb von Entwicklungsländern als politische Etikette galt.

Und plötzlich ist das alles nicht mehr zum Lachen, sondern man stellt sich die Frage: Ist das noch absurde Parodie oder schon Sozialkritik? Wenn man im Spiel mit der Quasi-Sekte Eden’s Gate unter Father ­Joseph Seed in Berührung kommt: Sind das nur gute Film-Tropen oder wird man hier bewusst an tragische Begebenheiten des echten Lebens wie die Heaven’s-Gate-Sekte oder Meister-Manipulator Jim ­Jones erinnert? Da gibt es eine gewaltbereite Landbevölkerung, die auch vor schwerbewaffnetem Widerstand gegen Einsatzkräfte nicht zurückschreckt. Ob mit religiösem Wahn wie 1993 in Waco oder aus ethnischen oder politischen Gründen wie bei Ölpipelines – alles schon da gewesen.

Fakt: Ubisoft kann mit Sicherheit als profit­orientierter Konzern ohne politische oder religiöse Agenda eingestuft werden. Aber man wird das Gefühl nicht los, dass hier unterschwellig einiges an gesellschaftlicher und ethischer Kritik eingebracht ­wurde. Was zu den zwei klassischen Fragen führt: Dürfen’s denn das? Wer profitiert?

Wie schon bei den letzten Teilen überzeugt die Dunia Engine beim aktuellen „Far Cry“ erneut mit besonders opulent-realistischen Darstellungen von Fauna und Flora. Das mühselige Hamstern von Tierhäuten wurde zum Glück durch ein simpleres Upgrade-System ersetzt.

Tatsächlich stellt sich die Frage, ob eine primär der Unterhaltung ­dienende Kunstform wie Games so ­etwas wie ein Mandat oder gar eine Verpflichtung hat, sozialkritisch zu sein bzw. religiös, philosophisch oder politisch Stellung zu beziehen. Schon klar, gegen Nazis sein, da gibt es einen unbestreitbaren Konsens. Aber konser­vative biblische Ansichten in Frage stellen? Das Waffenrecht? Ist es hilfreich für die Zivilgesellschaft, wenn ausgerechnet in einer Zeit der schrecklichen Schulmassaker und der üblichen Waffenrechtsdiskussion ein Premium-Shooter auftaucht, der auf der einen Seite logischerweise vom Waffengebrauch lebt, auf der anderen Seite aber die private Hochrüstung von Zivilisten und die Prepper-Szene scharf parodiert? Darf man sich rund um immer grotesker werdende globale religiöse Debatten das Recht herausnehmen, Fundamentalisten so lebens­echt und überzeugend darzustellen? Oder erreicht man eine vorwiegend jugendliche, von den Medien schon hart­gekochte Zielgruppe gar nicht mehr anders als über zynische Games und ist deshalb verpflichtet, diesen Kanal als moralische Instanz zu ­nutzen?

Neben von der KI gesteuerten menschlichen Helfern kann man auch auf tierischen Beistand zählen. Hund Boomer geht Gegnern an die Gurgel, kann aber auch Waffen apportieren.

Fragen über Fragen, die auch eine Ethikkommission nur schwer ­beantworten kann. Freilich, eine Jugendfreigabe gibt es ob der grafischen Gewalt nicht, folglich erreicht man die Gamer also zumindest am Papier sowieso erst zwei Jahre nach Erreichen des Wahlalters. Dennoch empfiehlt es sich, als aufmerksamer Elternteil die Gelegenheit für eine begleitende Einführung in die Gefahren von Sekten, Waffen und politischem Radikalismus zu nutzen, wenn der Nachwuchs „Far Cry 5“ spielt.

Und das Game an sich? Brillant. „Far Cry 5“ überzeugt wie schon seine Vorgänger mit einer opulent gestalteten Welt, gut entwickelten Charakteren und zig kleinen und großen Heraus­forderungen. Das eher lästige Grinden von Rohstoffen und vor allem die mühsame Mastenkletterei der beiden Vorgänger wurde zum Glück reduziert, dafür bekommt man frei rekrutierbare Sidekicks im Singleplayer und die Möglichkeit für einen durchaus hilfreichen Online-­Co-op-Modus. Definitiv nicht nur aufgrund der technischen Oberliga, sondern auch wegen des ethischen Großen und Ganzen schon jetzt einer der Titel des Jahres!

Infoporn Far Cry 5
Entwickler: Ubisoft
Publisher: Ubisoft
Erschienen für: PS4, Xbox, Windows
Spieler: Single-player/Online Co-Op
Engine: Dunia Engine

 

 

 

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Fotos: (c) Hersteller