Franky Zorn: “Das Überschreiten von Limits gehört zum Geschäft”

Da Wüde auf seiner Maschin – Franky Zorn ist Österreichs Eisspeedway-Hero. Im WIENER Interview erzählt er über messerscharfe Spikes, technische Perfektion und bärenstarke Russen.

In Zeiten, wo glanzlose Showmarionetten breitmäulig als zukünftige Helden zelebriert werden, sollte man mit dieser ehedem eindeutig gebrauchten Begrifflichkeit – um deren originäre Konnotation nicht gänzlich aus dem kollektiven Leserbewusstsein zu verbannen – äußerst behutsam umgehen. Gemäß dessen ist die Freude, einen wahren Helden im klassischen Sinn präsentieren zu dürfen, doppelt interessant. Die Annahme, dass es sich im Fall des nun vorzustellenden Ausnahmesportlers Franky Zorn wahrhaftig um einen Heroen im althergebrachten Sinn handelt, ist bereits nach oberflächlicher Interpretation seines waghalsigen Tuns evident. Denn wie sonst sollte ein Kerl tituliert werden, der ein mit messerscharfen Spikes gespicktes Motorrad auf tief durchfurchten Eisbahnen in extremer Schräglage mit gut 140 Sachen donnern lässt, Rad an Rad gegen seine ebenso energetischen Kontrahenten kämpft, jederzeit mit katastrophalen Stürzen rechnen muss und abgesehen von einem Mini-Supportteam völlig autonom in der von Ostländern dominierten Eisspeedway-Szene von Titel zu Titel braust? Perfekter könnten die inhaltlichen Ingredienzen für eine moderne Heldensaga nicht sein, wobei sich auch sein plakativer Nachname – Zorn -schnörkellos in das stimmige Gesamtbild des lässigen Saalfeldners einfügt. So erweist der verwegene Draufgänger mit dem legendär zornigen – aber immer fairen Fahrstil – auf Europas Speedwaypisten seiner Firmierung alle Ehre. Als vorläufigen Höhepunkt ergatterte der unorthodoxe Teufelskerl einen viel beachteten Vize-Weltmeistertitel. Überdies werkt Franky Zorn vornehmlich selbst an der Entstehung seiner pfeilschnellen Motorräder. Die von 0 auf 100 in 4 Sekunden beschleunigenden Bikes finden leistungsmäßig nur in der Formel 1 kompatible Konkurrenz.

Hierzulande ist Eisspeedway nicht wirklich im Focus der breiten Öffentlichkeit. Wie sind Sie zu dieser spektakulären Sportart gekommen?
Mein Onkel Toni Hörl ist gut zehn Jahre mit einem zweirädrigen Untersatz über jegliche Speedwaybahnen Europas geflitzt. Da ich als Kind im gleichen Haus mit ihm gewohnt habe, war es für mich als juvenilen Motorradfreak klar, dass ich im Zuge meiner Volljährigkeit auf einer Speedway-Maschine Gas geben werde. Mein ehemaliger Mentor hat zwar das Fahren eher auf einem hobbymäßigen Level betrieben, dafür aber mit äußerster Hingabe. Dieser hundertprozentige Einsatz für den Sport hat mich sehr geprägt. Auch am Feld meiner Berufswahl habe ich es meinem Onkel gleich getan. Folglich bin ich gelernter Mechaniker. Nach wie vor ist dieser Beruf ein nicht wegzudenkender Baustein in meiner Rennhistorie. Denn das eigenständige Wissen um das Funktionieren der Bikes ist enorm wichtig.

Inwiefern profitieren Sie davon?
Äußerlich gleichen sich Eisspeedwaymaschinen in einem offiziellen Fahrerfeld bestehend aus 16 Teilnehmern stark. Bei der Feinabstimmung sieht die Sache aber schon ganz anders aus. Da jeder Racer einen eigenen Fahrstil pflegt, muss sozusagen jede Schraube auf die jeweiligen Eigenheiten des Piloten abgestimmt werden. Nur mit einer perfekten technischen Performance kannst du gewinnen. Und da ich ja nur mit einem sehr kleinen Team auf Tour bin, ist mein persönliches Know-how unerlässlich.

Info

Eisspeedway entwickelte sich aus dem im Sommer ausgetragenen (Sandbahn)-Speedway. Seit 1920 werden in der spektakulären Disziplin Bewerbe organisiert. Eine Saisonlänge zählt 5 Monate. Um die mit spitzen Spikes ausgestatteten 70-PS-Maschinen auf den holprigen Eisbahnen steuern zu können, bedarf es ausgesprochenen Fahrgefühls. Auch Franky Zorn benötigte einige Lehrwettbewerbe um in dem von beinharten Kämpfen gekennzeichneten Speed-Zirkus seinen ersten Stockerlplatz (1994) zu landen. Anschließend ging es jedoch Schlag auf Schlag. Im Jahre 2000 gelingt dem idealistischen Einzelkämpfer ein unerwarteter Coup: Zorn rast mitten in das von Russland dominierte Elitefeld und sichert sich damit den Vize-Weltmeistertitel. A b diesem Zeitpunkt reüssiert ein kontinuierlich an seinem Motorrad in Sachen Weiterentwicklung bastelnder Fighter in der absoluten Weltspitze. Zahlreiche Siege bei diversen Rennen wie dem Eisspeedway-Bewerb Flims/Schweiz sowie Assen/Holland folgten. 2008 fährt Zorn – dank seiner beharrlichen Arbeit und seiner stetig verbesserten Fahrtechnik – seinen bis dato größten Titel ein: Im polnischen Sanok wird der strohblonde Eisspeedwayfahrer zum Europameister gekürt.