Sziget: Festival- Diary 1.

Wir haben unsere Kulturredaktion aufs Sziget-Festival nach Budapest geschickt.

Regina Spektor breaks the festival.

„I broke the festival“, sagt Regina Spektor, als vor dem Abschlusslied„Samson“ plötzlich ein Riesenfeedback durch die Boxen tönt, hält kurz inne und meint „And now I repaired it“. Es ist kurz nach fünf Uhr Nachmittags, als sie als erster Act des auf Tages die Main Stage kommt – und es ist gefühlt um null Grad Celsius gemäßigter als zu meiner Ankunft in Budapest in imposanter Mittagshitze. Die Festival-Wettergötter haben es wohl nicht nur gut gemeint, sondern regelrecht einen auf dicke Hose gemacht, Quadratzentimeter Schatten sucht man hier vergeblich. Perfekte Bedingungen also, um meinen ersten Tag am Sziget beginnen zu lassen – eigentlich wollte ich gestern schon hier sein und es fiel mir auch nicht leicht, Nick Cave & The Bad Seeds zu verpassen: jedoch gab’s triftige Gründe das zu tun. Wie Sie nämlich sehen, erstrahlt der Wiener Online in neuem Outfit, yes, wir sind Relaunch und so wurde eben Festivaltag Nummer zwei mein Sziget-Einstand – für das Festival wiederum ist es bereits das zwanzigste Jahr, stolze zwei Dekaden in denen sich das Sziget als eines der besten Festivals im an Festivals nicht unbedingt armen europäischen Raum etablieren konnte.

Eigentlich finde ich, das Line Up 2013 ist bis auf wenige Ausnahmen jetzt nicht so der Burner, aber Frau Spektors Gig sollte dann auch gleich der Höhepunkt meines sehr subjektiven Festivaltages werden. Zwischen Piano und Rhodes wechselnd, mit sehr reduzierter Bandbesetzung gewinnt sie sehr schnell die Herzen der Zuhörer: Regina Spektors Songs sind freundliche Hits. „And on the radio they played November Rain, the solo’s awful long, but it’s a good refrain“. Gute Refrains hat auch sie selbst viele, und nach einer guten Stunde verabschiedet sich mit dem bereits genannten „Samson“, Spektors schönstem Song. „And the history books forgot about us, and the bible didn’t mention us, not even once“. Das, gekoppelt mit DEM Wetter: entzückend.

Dizzie Rascal braucht kein Koks.

Dann kommt Dizzie Rascal. Sie müssen wissen: Dizzie Rascal braucht kein Crack, kein Koks und auch kein Heroin. Gut für ihn, harte Drogen wären auch nicht wirklich optimal bei der Hitze, egal ob substanzgeprüfter Bioorganismus oder nicht. Dizzie Rascal hat Punchlines gerne, die er das Publikum wiederholen lässt, und von all jenen ist „I don’t need no Crack, Cocaine, Heroin. I’m a Basslinejunkie“ mit Sicherheit die Doofste. Dizzie Rascals Alben sind eigentlich tadellos, live tut es einfach das, was es tun soll. No big surprises. Ansonsten zieht der Rapper schon eine weitaus größere und naturgemäß tanzfreudigere Menschenmenge an als Frau Spektor. „Schreit jetzt fuck yeah, fuck yeah, fuck yeah“, befiehlt Meister Rascal, macht’s ein paar Mal vor und das Publikum folgt. Fuck yeah. Eine über weite Strecken im Grunde eher prollige Angelegenheit, die aber auf Festivals sehr gut funktioniert: wem’s gefällt.

Whatever happened with the Donots.

Nach Dizzie Rascal packt mich die Erkundungslust, und weil ich wissen will, wo später Bad Religion spielen, mach ich mich auf den Weg auf die A38-Stage, wo gerade die Donots spielen, die ich seit dem gräßlichen Hit „Whatever Happened To The Eighties“ ganz furchtbar fand, die aber ihre Funpunk-Sache schon ganz in Ordnung machen.

Biffy Sakralo und Bad Religion.

Irgendwie sind große Festivals immer so eine Sache, es gibt immer parallel auftretende Bands, die man sehen will, und meine eigene Auswahl ist auch sehr stark launisch. Um es kurz zu fassen: irgendwann stehe ich dann bei den Headlinern des Tages, Biffy Clyro, vor der Main Stage und frage mich, ob die Band immer schon sakral war: alles aufgeblasen, allerdings ohne blasiert zu sein, hier wird das Sakrament der verzerrten Gitarre empfangen, und auch wenn ich mich für die Band nie besonders interessiert habe, ist das alles durchaus mitreissend.

Vor dem Heimgehen schaue ich dann noch kurz bei Bad Religion vorbei, stelle fest, dass Greg Graffin sehr alt aussieht, weiß nicht genau ob das an der Gitarre wirklich Brett Gurewitz ist, merke, dass mir der Sound nicht gefällt und mir mit der Zeit, so gern ich die Band mag, ein wenig fad wird, und gehe noch eine Runde durchs Areal spazieren ehe ich mich zurück ins Hotel – ja, ich bin zu alt zum Zelten und auch sonst frühgreise – begebe. Morgen geht’s weiter mit Blur, wahlweise Calexico oder Seeed und allerlei sonstigem Schabernack.