Magnus Öström: Searching For Jupiter

Nach „Thread Of Life“ nun das zweite Album des ehemaligen Esbjörn Svensson Trio-Schlagzeugers.

Vielleicht war der Jazz so etwas wie der Boden, auf dem das Esbjörn Svensson Trio damals zu bauen begann, ein Fundament, das erdete, eine gewisse ästhetische Verwurzelung gab, über das man aber immer wieder in alle erdenklichen Richtungen hinauswachsen wollte und konnte. Wie wenig andere Jazztrios fand das Dreiergespann um den Pianisten Esbjörn Svensson, Bassist Dan Berglund und Schlagzeuger Magnus Öström damals zu einer ureigenen Soundästhetik, schaffte es Progressivität mit beinahe pop-artiger Eingängigkeit zu verbinden (man denke beispielsweise an „From Gagarin’s Point Of View“) und dabei niemals verkopft zu werden. Völlig zurecht ging dieses Konzept ihrer musikalischen Reise auf, ganze Hallen konnte das E.S.T. füllen und sich eine treue und riesige Fangemeinde aufbauen. Bis die Reise ihr jähes und tragisches Ende fand, als Esbjörn Svensson 2008 bei einem Tauchtrip tödlich verunglückte.

Es wäre seinem eigenem Schaffen gegenüber ungerecht, Magnus Öström auf alle Ewigkeit als musikalischen Quasi-Witwer mit dem Motiv der akustischen Trauerverarbeitung darzustellen. „Searching For Jupiter“ (ACT), Öströms neues Album knüpft dennoch dort an, wo „Thread Of Life“ endete: atmosphärische Stücke zwischen Jazz und progressivem Rock. 2011 erschienen, wurde das Debüt aus der tonnenschwere Frage nach dem „Ob und wie“ des Weitergehens geboren. Nachdem er lange kein Instrument überhaupt angreifen konnte, fand Öström den Weg zurück zur Musik über die Komposition.

Mit Daniel Karlsson, Andreas Houradkis und Thobias Gabrielson hat Öström ein festes Bandformat gefunden, eine Band die sich viel Raum gibt, viel Fläche, viel Raum gönnt. „Searching For Jupiter“ ist introspektiv und manchmal unglaublich melancholisch: Molltrunken treiben Stücke wie „The Moon (And The Air It Moves)“ oder“Mary Jane Doesn’t Live Here Anymore“ vor sich hin. Die Instrumente, ob sie nun Solo- oder Rhythmusfunktion inne haben, stehen stets voll im Dienst der Atmosphäre und ihres Schattens. Wenn es auf „Searching For Jupiter“ regnet, dann regnet es richtig. Aber es gibt sie immer wieder, diese Sonnenstrahlen, die plötzlich und völlig unvermittelt alles aufmischen. Eben weil es immer weitergeht.

Und da wäre noch die andere Seite: ein Stück wie „Happy And The Fall“ zeigt Öström auf einmal von einer ganz anderen Seite, wie sie auf „Thread Of Life“ noch undenkbar war. Man ist leicht geneigt, autobiographische Deutungen in die Sache zu bringen, was sich bei Instrumentalstücken als noch spekulativer gestaltet als bei Songs. Man wäre geneigt zu schreiben, dass es wieder ein wenig heller geworden ist, dass die Trauer sich verändert hat, und dass alles ein ganzes Stück vorne angekommen ist, das Licht ein paar Nuancen heller als vorher.

Faktum ist aber, dass Magnus Öström ein wirklich großartiges Album gelungen ist, ein atmosphärisches, fast schon cineastisches Klanggebilde, das mit einem Augenzwinkern in Richtung Vergangenheit den Weg nach vorne antritt und, ebenso wenig wie Dan Berglunds Tonbruket, viel mit E.S.T. zu tun hat. Das ist so respektvoll dem eigenen Schaffen gegenüber, wie es konsequent ist.