Sommerzeit 2014: Die Tücken der Zeitumstellung

Diesen Sonntag müssen wir wieder unsere Uhren um eine Stunde nach vor drehen. Doch die Sommerzeit ist nach Ansicht eines deutschen Arztes ganz schlecht für uns.

Bei ihm gibt es keine Sommer- oder Winterzeit, sondern nur eine Normalzeit. Seine Uhren stellt er grundsätzlich nicht um. Und auch die Ansage auf dem Anrufbeantworter muss man interpretieren können. Ein Arzt aus Erlangen kämpft gegen die Zeitumstellung.

Schon seit seiner Pubertät ist ihm die Zeitumstellung im Frühjahr ein Dorn im Auge: Der Erlanger Arzt Hubertus Hilgers kämpft seit langem gegen die Sommerzeit. Und er ist damit nicht allein: Eine von ihm gestartete Petition hat im Internet schon mehr als 50.000 Unterstützer gefunden. Die Zeitumstellung sei Stress pur für den Körper, sagt der Heilpraktiker. Schlafstörungen, Bluthochdruck, aber auch Herzinfarkt und Schlaganfälle seien mögliche Folgen.

„In den Monaten der Normalzeit erreichen Sie mich zwischen acht und zehn Uhr“, sagt Hilgers auf seinem Anrufbeantworter. Damit meint der 50-Jährige die Winterzeit, die „richtige“ Zeit, wie er sagt. Während der „falschen Zeit“ – im Sommer – ist er also von neun bis elf Uhr zu sprechen. „Ich habe noch nie die Uhren umgestellt“, sagt er. Schon seine Eltern hätten das stets so gehalten: „Wenn ich als Schüler oder Student eine Prüfung um ein Uhr hatte, wusste ich, dass ich um zwei Uhr dran bin. Das ist auch eine kognitive Leistung.“

Als im Jahr 1980 die Zeitumstellung eingeführt wurde, war Hilgers noch Gymnasiast und musste jeden Tag eine Stunde mit dem Bus fahren. „Im Sommer musste ich also sechs Monate lang um 5.00 Uhr aufstehen und nicht um 6.00, darunter habe ich immer gelitten.“

Im Frühjahr vor einem Jahr kam dann das Erlebnis, das Hilgers zu seiner Petition veranlasste. Eine Patientin kam mit ihrer viereinhalbjährigen Tochter in seine Praxis. Die Mutter klagte, ihr Kind verdrehe seit kurzem morgens die Augen und zucke so seltsam. Ärzte hatten den Verdacht auf Epilepsie. „Ich fragte sie, wann sie denn morgens frühstücken und die Frau sagte um halb sieben. Das war dann ja praktisch halb sechs – und viel zu früh für das Kind.“ Weil die Frau in Gleitzeit arbeitete, habe sie ihren Start bei der Arbeit verschieben können und das Kind konnte wieder länger schlafen. „Das Problem war sofort weg. Das Mädchen war kerngesund“, sagt Hilgers.

Schlafstörungen und mehr

Viele seiner Patienten litten unter der Zeitumstellung. Viele hätten Schlafstörungen. Hilgers sagt: „Das hat Auswirkungen auf das Gehirn. Auf Deutsch: chronischer Schlafmangel macht blöd.“ Mäuseversuche hätten gezeigt, dass bei dauerhaftem Schlafmangel Hirnarreale absterben. Bei Männern sinke schon nach fünf Tagen Schlafmangel der Testosteronspiegel deutlich ab. „Das wirkt sich auf alle möglichen Bereiche aus: verminderte Leistungsfähigkeit, nachlassende Libido, Geburtenrückgänge. Die Männer haben einfach nicht so oft Lust“, sagt Hilgers.

Der Körper mit seinen Hormonen richte sich nach dem Sonnenhöchststand. „Dadurch, dass im Sommer alle Aktivitäten eine Stunde früher sind und der Körper sich da nicht anpassen kann, entsteht Stress“, sagt Hilgers. Studien hätten gezeigt, dass nach der Zeitumstellung im April die meisten Unfälle passierten.

Auch der Grund, warum damals die Zeitumstellung eingeführt wurde – Energie zu sparen – habe sich als unsinnig erwiesen, sagt Hilgers. „Als Kalifornien die Sommerzeit einführte, ist der Energieverbrauch nach oben geschnellt.“ Zu diesem Ergebnis kamen im Jahr 2008 auch Wissenschafter, die im US-Staat Indiana über drei Jahre hinweg die Stromzählerstände von mehr als sieben Millionen Privathaushalten ausgewertet hatten. „Wir halten an einer Sommerzeit fest, die nachweislich mehr Energie kostet“, kritisiert Hilgers.

Seit 1996 hätten wir zudem sieben statt sechs Monate lang Sommerzeit. Seitdem werden die Uhren nicht mehr im September, sondern erst im Oktober umgestellt. Wenn es im Herbst dann wieder so weit ist, kann Hilgers wenigstens eine Zeit lang auf sein Kopfrechnen verzichten.

(red, APA / dpa)