Reini Pohorec: Sinnlicher Cocktail-Meister

Einen Cocktail mit den fünf Sinnen erlebbar zu machen, lautete die Aufgabe in Edinburgh. Reinhard Pohorec meisterte sie bei „World Class„, der WM für Bartender – und verblies 47 Kollegen.

Einen besseren Rückenwind für die im Oktober eröffnende Josefstädter Bar „Tür 7″ hätte sich Reini Pohorec nicht wünschen können. Der 25-jährige Wiener war als Österreichs Landessieger nach Schottland gereist, um sich bei der „World Class“ des Spirituosen-Weltmarktführers Diageo mit Bartendern aus aller Welt zu messen. Der WIENER begleitete Pohorec, der mit seinen „100 Kilo Gepäck in vier Koffern“ ein Feuerwerk an flüssigen Kreationen zündete.

Trinken mit den Legenden

 

Dem Reglement gemäß führt der Weg zum Bartender of the year über neun Einzelwertungen, so genannte Challenges, die von Legenden der Bar bewertet werden. Von Leuten wie Whisky-Bibel-Autor Dave Broom, „King Cocktail“ Dale de Groff, dem exzentrischen Gaz Regan oder „Savoy“-Bartender a. D. Peter Dorelli, dem schon das Rat Pack seine Drink-Wünsche anvertraute. Das Starterfeld, dem heuer auch fünf weibliche Mixologen angehörten, wird in mehreren Schritten von 48 auf sechs verkleinert. Den Titel erhält der Beständigste.

Cayman-Österreicher

Die beiden Österreicher – neben Reini Pohorec trat der Steirer Andy Trattner für die Cayman Inseln an – schieden in der ersten Eliminationsrunde aus, als die besten 16 definiert wurden. „Ich habe keinen Drink vergeigt und alles gegeben“, war er trotz des Rückschlags zufrieden. Wie sich in der Schlusszeremonie mit Blick auf Londons Tower-Bridge herausstellte zu Recht. Denn erst am Ende werden auch die neun Einzelsieger bekannt gegeben. „Sensory“ nannte sich die Prüfung, die der auch als Berater („Spirits Journey“) tätige Pohorec gewann.
Österreichisch gesagt, entspricht die Einzelwertung der kleinen Kristallkugel im Skisport, der Gesamtweltcup wäre bei World Class der „Diageo-Bartender of the year“. Wobei der Gewinn umso höher zu werten ist, da er gegen alle 47 Mitbewerber erfolgte (gegen Ende sind es nur noch sieben bzw. fünf, die Siegchancen haben).

Des Meeres und des Whiskys Wellen

Alle Sinne sollten bei der „Sensory“-Challene in Schottland angesprochen werden; eine Aufgabe, wie geschaffen für den Mann, der auch Österreichs Spitzenköche bei ihrem Think Tank „Kochcampus“ betreut (und sich über einen Tisch im „Dinner“ des Briten-Starkochs Heston Blumenthal freute wie ein Schneekönig). Mit eingespieltem Meeresrauschen, einem Bett aus essbarem Muschelsand (!) und knusprigen Algen legte Pohorec die Basis für die synästhetische Präsentation seines „Eau de vie“. Die Kombination aus Singleton Whisky, einem selbst gekochten Meeresfrüchte-Sirup mit Algen- und Distelbitter wurde entsprechend auch in Muschelgehäusen aus Porzellan serviert. Und der Tastsinn? Den kitzelte ein warmes Handtuch, das zart in Whisky getränkt war.

Gesamtkunstwerke im Martini-Glas

Wie sinnlos die Grenzziehung zwischen Top-Küche und Spitzen-Bar ist, bewies auch der Sieger: „Bartender of the year“ wurde bei der mittlerweile sechsten „World Class“ der Amerikaner Charles Joly. Er arbeitet in der Chicagoer „Aviary“, der Bar des Sternekochs Grant Achatz. Vieles, was in der Gastronomie als molekulare Spielerei gilt, hat in der Bar Sinn. Tapioka-artige Perlen lassen sich auch aus Aroma-gebenden Fetten herstellen, gefrorene Gemüsespäne, aromatisierte „Luft“ oder auch Zuckerwatte-ähnliche Garnituren machen aus einem guten Glas einen „World Class“-Cocktail. Und den – jetzt haben wir es amtlich – können auch wir Österreicher. Es wird Zeit, den Spritzer-Humpen und das Hugo-Glas aus der Hand zu geben!