Interview mit Georgina Bell: Die Whisky-Botschafterin

Dass „Georgie“ Bell keine Sekunde zögerte, als man ihr anbot, Whisky-Botschafterin zu werden, glaubt man ihr aufs Wort. Seither reist die Britin um die Welt, um Mortlach auszuschenken.

Der aus der Speyside-Region stammende Mortlach gab bislang vor allem Blended Scotch (Verschnitt von Whiskies aus mehreren Destillerien, Anm.) sein Aroma. Drei Varianten des mit 43,4 Volumsprozenten abgefüllten Brandes sind ab September auch in Österreich erhältlich. Die Halbliter-Flasche des 25-jährigen Aushängeschilds wird allerdings gut 700 Euro kosten. Der WIENER sprach mit Georgie Bell über den als „Beast of Dufftown“ bekannten Luxuswhisky und wie ihre Oma sie auf den Geschmack brachte.

 

„Whisky and Women“ ist zwar ein netter Bluessong, aber Frauen in der Whiskywelt scheinen rar zu sein?

Oh, Frauen waren immer schon im Whiskybusiness tätig. Denken wir an die Gründerin von Cardhu oder Bessie Williams, die jahrzehntelang Laphroaig prägte. Heute muss man das auch gesamt betrachten, zur Branche gehören ja Laboratorien, Marketing usw. dazu, da gibt es etliche Frauen. Aber ich weiß, Whisky ist mit Vorurteilen beladen: Ein Altherren-Getränk, sehr maskulin und so weiter. Ich glaube allerdings, dass sich die Regeln und Einschränkungen im Getränkesektor insgesamt stark ändern. Mit Vorgaben wie „das darfst Du nur pur trinken“ schließen wir ja schließlich auch Kunden aus.

 

Sehen Sie mit Honig aromatisierte Bourbons oder leichtere und „zugänglichere“ Malts für ein weibliches Publikum denn als Irrwege?

 Als Frau glaube ich eher, dass man insgesamt neue Kundenschichten sucht. Das zielt also nicht so sehr auf ein rein weibliches Publikum, sondern erhöht insgesamt die Optionen, etwas für seinen Geschmack zu finden. Ich persönlich bestelle aber auch schon mal eine Flasche Whisky, wenn ich mit meinen Freundinnen weggehe.

 

Wow, das machen selbst Männer selten. Wie begann diese Leidenschaft für Whisky?

Begonnen habe ich damit, Whisky-Cocktails zu trinken. Und dann war es so wie beim Tee, den wir in Großbritannien ja so lieben. Das habe ich bei meiner Oma gelernt, die am Anfang die Tasse mit zwei Drittel Milch gefüllt hat, um mich an die Bitterkeit zu gewöhnen. Dann hat wurde das immer weniger. Ich hatte meinen Geschmack quasi aufgebaut. Ähnlich war’s beim Herantasten an den Whisky.

 

Warum füllt man den Mortlach plötzlich in großer Menge ab, anstatt ihn mehrheitlich in den Blends zu verwenden?

Jeder Blender hat ihn als seine „Geheimwaffe“ bezeichnet, weil er eben kein typischer Speyside-Whisky mit diesen frischen und runden Aromen ist. In der „Whisky-Bible“ bedauerte der Autor Dave Broom, dass so wenig davon direkt zu den Konsumenten gelangt. Und persönlich habe ich bei meinem vorigen Arbeitgeber, der Scottish Whisky Association gemerkt, dass unsere limitierten Abfüllungen für Mitglieder immer am schnellsten asuverkauft waren. Es war also an der Zeit, dem Mortlach die Bedeutung zu verleihen, die er verdient. Ich glaube auch, dass prinzipiell jeder ein Kunde dafür sein könnte. Als Whisky ist er komplex und hat Charakter – daher kam ja auch der Spitzname „Beast of Dufftown“.

Und wer sich intensiver mit Miss Bell beschäftigen möchte, sei eingeladen, diesem ausführlichen „Virtual Tasting“ zu folgen: