Literaturnobelpreis 2014: Patrick Modiano gewinnt überraschend

Der Franzose Patrick Modiano erhält den Literaturnobelpreis 2014. Diese überraschende Entscheidung gab die Königlich-Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekannt.

Der französische Schriftsteller Patrick Modiano hatte 2012, für seine für seine Geschichten aus dem von Nazis besetzten Paris, den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur erhalten. 

Nun wurde dem 69-Jährigen der Literaturnobelpreis für seine „Kunst der Erinnerung“ verliehen – er rufe mit seiner Sprache unbegreifliche menschliche Schicksale wach, teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit. Es ist das 15. Mal, dass der Preis nach Frankreich geht. Damit baut die westeuropäische Kulturnation ihren Rekord bei diesem Nobelpreis vor Großbritannien und den USA mit jeweils elf Gewinnern aus.

Lob, aber auch Unverständnis bei den Experten

Die Ehrung des Autoren stieß bei Experten teils auf Lob, aber auch auf Unverständnis. Der bei Paris geborene Autor ist der 111. Träger des Preises. „Ich konnte es kaum glauben und musste erstmal spazieren gehen“, sagte der französische Schriftsteller bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag in Paris. In einem Telefonat mit „nobelprize.org“ sagte er zuvor: „Ich bin sehr berührt.“ Zunächst hatte die Akademie den Autoren stundenlang nicht erreicht.

Als Entdecker Modianos für den deutschsprachigen Raum gilt seit Mitte der 80er Jahre der Österreicher Peter Handke. Er übersetzte etwa dessen Romane „Die kleine Bijou“ und „Eine Jugend“. Handke gilt selbst oft als Kandidat für den Nobelpreis. Bekannte Werke von Modiano sind auch „Villa triste“, „Der Horizont“, „Place de l’Étoile“, „Sonntage im August“ und „Aus tiefstem Vergessen“.

Kaum überrascht von der Wahl zeigte sich der deutsche Verlag Hanser: Modiano sei schon länger ein heißer Kandidat gewesen, sagte Verleger Jo Lendle. Er kündigte an, dass der neue Roman „Gräser der Nacht“ bereits in einigen Tagen, deutlich früher als geplant, in Deutschland erscheinen soll.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande würdigte Modianos Werk: „Er führt seine Leser bis in die tiefen Wirren der dunklen Besatzungsperiode.“ Premierminister Manuel Valls bescheinigte dem Schriftsteller einen knappen und treffsicheren Stil. Zuletzt hatte 2008 ein Franzose den Nobelpreis für Literatur bekommen: der heute 74-jährige Jean-Marie Gustave Le Clézio.

Modiano sei „ein Marcel Proust unserer Zeit“, sagte Peter Englund, Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie. Er schreibe „sehr elegante Bücher, aber sie sind nicht schwierig zu lesen“. Der ausgewiesene Paris-Kenner habe ein „großes Werk“ geschaffen. „Er hat insgesamt um die 30 Bücher geschrieben, hauptsächlich Romane, aber auch Kinderbücher, Drehbücher.“

Im vergangenen Jahr hatte die kanadische Kurzgeschichten-Autorin Alice Munro den Literaturnobelpreis erhalten. Letzte deutschsprachige Preisträger waren Herta Müller (2009), Elfriede Jelinek (2004) und Günter Grass (1999). Der Literaturnobelpreis wird seit 1901 vergeben. Er ist wie die anderen Nobelpreise mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 880 000 Euro) dotiert.

Verliehen wird er traditionell am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Preisstifters und Industriellen Alfred Nobel (1833-1896). An diesem Tag werden in Stockholm auch die wissenschaftlichen Auszeichnungen vergeben. An diesem Freitag wird der Name des Friedensnobelpreisträgers 2014 verkündet.