WILDFANG-FISCH: Der wahre Schatz des Toplitz-Sees
Die Nazi-Schatzjäger sterben offenbar nicht aus. „Immer wieder rufen uns Leute wegen dem angeblichen Schatz im Toplitz-See an“, so Georg Schöppl. Der Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) spricht aber lieber über „den wahren Schatz des Sees, den die meisten gar nicht kennen“. Schöppl meint damit die wild lebenden Fische, die sich nur in einem Bruchteil der immerhin 74 Seen im Besitz der Bundesforste finden. Im Salzkammergut werden jährlich gerade einmal 10.000 Stück dieser naturbelassenen Fische gefangen. Als einziger Fischereiberechtigter am Grundlsee, dem Hallstädter und dem Toplitz-See bedeutet die nach viel klingende Menge Tagesfänge pro See von vielleicht 50 Stück. Für eine flächendeckende Versorgung ist das selbst für das Fischverweigerer-Land Österreich – der Pro Kopf-Konsum beträgt beschämende 7,5 Kilo pro Jahr – zu wenig.
Voting und Verknappung
Weshalb man nun die Internet-Community abstimmen lässt, welche neun Restaurants die Edelfische verkaufen „dürfen“. Die 12 Fischarten in den eiskalten Seen werden von den typischen Salzkammergut-Fischen Reinanke und Saibling angeführt, ebenfalls häufig wird es Bach- und Seeforelle im Wildfang geben. Hechte und die seltene Äsche wird es nach dem Überraschungsprinzip – „wir können nur verkaufen, was der Tagesfang hergibt“ – aber auch geben. Nominieren kann man seinen Lieblingsfischwirt, der einen Nachhaltigkeitscheck überstehen muss, auf
www.wildfang-gastronomen.at noch bis 8. Mai.
Bisher bezog etwa das Wiener „Steirereck“ die raren Fische. Denn Heinz Reitbauer schwört auf den Geschmack der wilden Fische. „Die Reinanke aus dem Hallstädter See war immer eine Klasse besser“, so Österreichs bester Koch. Generell sei der Wildfang Fisch in „Sashimi-Qualität, das lässt sich auch roh und relativ dick geschnitten servieren“. Als Beweis serviert Reitbauer eine kurz gebeizte Reinanke wie hauchdünn geschnittenen Scheiben von Rettich und Cox Orange-Apfel.
Wilder Fisch als Imageträger
Das Geheimnis dieses Geschmacks liegt im unabhängig von menschlichen Eingriffen erfolgenden Aufwachsen der Tiere. Die Maschengröße der traditionellen Netzfischer, die sich bis ins Jahr 1280 zurückverfolgen lassen, stellt sicher, dass sich nur große Exemplar fangen lassen. Im Idealfall sind die Fische dann vier Jahre alt, „Saison ist nur zwischen Juni und September“, erklärt Matthias Pointinger, der in Kainisch die ÖBf-Fischerei leitet. Dann haben die Fische den nährstoffarmen Winter überstanden und sind noch nicht durch das Laichen geschwächt wie im Herbst. Schuppenwachstum und Gleichgewichtsorgan funktionieren dabei als Mittel zur Altersbestimmung, so Pointinger.
29 Euro pro Kilo wird in der Gastronomie der Einkaufspreis betragen. Während der Wildfang so etwas wie die Visitenkarte ihrer Fischzucht darstellt („Da geht es auch um unser Image“, so Schöppl), arbeitet man bei den Bundesforsten auch an einem etwas günstigeren Produkt. Der von den wild lebenden Fischen abgestreifte Laich wird dabei als Zuchtgrundlage für die „Wildkultur“ verwendet. Mit der haben Pöppl und Pointinger noch viel vor: Bis 2017 soll sich die Fangmenge von bisher 50 Tonnen auf 240 Tonnen pro Jahr erhöhen. „Denn der heimische Anteil am Fischkonsum (gerade 5%, Anm. d. Red.) reicht gerade für zwei Wochen“, so Schöppl. Da geht hoffentlich noch mehr…