Der amerikanische Fußball steht Kopf

Kopfballverbot in den USA

Damit nicht alle Fußballer irgendwann mal ihren Kopf vergessen, erteilt der US-amerikanische Fußballbund ein Kopfballverbot. Panikmache oder wirkliche Gefahr für die kleinen, grauen Zellen?

von Sarah Wetzlmayr

Fußballspieler sind ganz allgemein ja nicht gerade für ihre Redegewandtheit und ihr differenziertes Vokabular in Interviewsituationen bekannt. Sprüche wie „Wir spielen mit 100 Prozent Herz und 10 Prozent Hirn“ (Andi Herzog) oder „Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär“ (Hans Krankl) haben sich längst ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt und Kultstatus erlangt. Den Ball geschickt zurückspielen sollten sie aber sowieso eher am Spielfeld und nicht beim obligatorischen Interview danach. Und glaubt man dem US-amerikanischen Fußballverband bitte ohne Kopf.

Nicht kopflos aber ohne Kopfball

Weil genau darum geht es – um den Kopf und unser Gehirn darin zu schützen (für Taktik und Strategie am Spielfeld, und ein bisschen auch für künftige Interviewtermine) sollte sehr häufiger Kontakt zwischen Ball und Kopf des Spielers vermieden werden. Zumindest beim Nachwuchs: Bis zum zehnten Lebensjahr sollen Kopfbälle strikt verboten sein. Die Jungs und Mädchen zwischen 11 und 13 haben im Training auch noch Kopfballverbot. Wer schon so wunderschöne Kopfballtore wie diese hier gesehen hat, wird sich bei dieser Regelrevolution wohl ans Hirn greifen, vielleicht wird es auch Kopf-…erm…Aufstände geben. Und doch macht es irgendwie Sinn, denn Regeln sollten mit aktuellen Forschungsergebnissen Schritt halten, und die hat sich im Bereich der Schädel-Hirn Verletzungen im Jugendfußball ziemlich weiterentwickelt. Slalomfahrer müssen im Weltcup seit einiger Zeit auch ihr schickes Mützchen gegen einen Helm austauschen, warum also nicht auch mal im Fußball bisschen am Regelapparat schrauben um die Jugend zu schützen.

Wer Kopf riskiert, riskiert auch Kragen

Eine Studie an der Boston University zeigte nämlich erst kürzlich bei der Untersuchung von bereits verstorbenen Football-Spielern, dass viele an chronischer traumatischer Enzephalopathie (CET) litten – einer degenerative Erkrankung des Gehirns, die durch vermehrte Erschütterungen ausgelöst wird. Football ist zwar auf der Brutalitätsskala nochmal etwas anders einzustufen, aber rechnet man Trainings und Matches zusammen, ergibt sich wohl auch bei den Fußballprofis eine ganz schöne Summe an Zusammenstößen zwischen Haupt und rundem Leder. Damit als Folge multipler Gehirnerschütterungen kein permanenter Schaden bleibt, haben besorgte Fußball-Mütter und Väter schon 2014 einen Sammelklage an einem kalifornischen Gericht eingereicht. Und sie hatten scheinbar recht damit.

Mal sehen, ob sich die US-Amerikaner mit diesem Kopfstand noch mehr ins fußballerische Abseits gekickt haben, oder ob auch schon bald in Europa Mütter und Väter mit einer ähnlichen Forderung Sturm laufen werden. Bleibt spannend.