Wiener Rolltreppen-Benützer im Höhenrausch

Party für eine Rolltreppe

Das Leben ist von Höhenflügen und Talfahrten bestimmt. Wie man diese ein wenig leichter überwinden kann ist klar, mit einer Rolltreppe nämlich. Das wissen auch die Winer Linien und feieren die Wiedereröffnung der Rolltreppe Liechtensteinstraße. Und alle feiern mit. 

von Sarah Wetzlmayr

Der Sommer auf Facebook war eine große, bunte Spielwiese für Netz-Trollerei – egal ob Stubenhocker oder Frischluftjunkie, mit Events wie „Spontan Techno bei 30 Grad“, „Hipster-Rave TBA“ oder „Open Air Irgendwo in Wien“ konnte jeder an diesem mehr oder eher weniger realen Festival-Highlights teilhaben. Einfach auf „teilnehmen“ klicken und schon ist man irgendwie mit dabei, ob das ganze jetzt tatsächlich stattfindet oder man doch lieber im Schanigarten versumpft ist dann eigentlich auch schon egal. Eines steht fest, die Stadt will von tanzwütigen Menschen erobert werden und zwar nicht in der abgesicherten Umgebung des Lieblingsclubs – sondern dort wo es niemand erwartet, in verbotenen Zonen oder solchen ganz normalen, alltäglichen Stadtgeschehens. Eine wirkliche Rave-Kultur gibt es in Wien, im Vergleich zu anderen europäischen Städten wie London, sowieso nicht – also wandelt man hier tanzend und Blümchenkränze bastelnd auf ziemlich neuen Pfaden.

Pop-Up Party

Dort wo normalerweise nichts passiert, sich Menschen einfach begegnen, ohne als Begegnungszone deklariert zu sein, soll jetzt das Wiener Fortgeh-Herz schlagen. Genauso wie das Shopping-Herz auch schon lange im Takt der ständig eröffnenden und wieder schließenden Pop-Up Stores schlägt. Ein Herzschlag pro Pop-Up. Der Reiz des Ungewöhnlichem im Allergewöhnlichsten ist es vermutlich auch, der mittlerweile 13.000 Menschen dazu gebracht hat beim „Big Opening Rolltreppe“ (der „Wiedereröffnung der Rolltreppe am Schottentor die zur Liechtensteinstraße hinaufführt) auf „teilnehmen“ zu klicken. Nichts banaler als eine Rolltreppe die nach einem Jahr Pause wegen Umbauarbeiten ihr alltägliches Geschäft wieder aufnimmt. Dennoch feiert das Netz, ausgehend von der Gruppe „Winer Linien“, die die Veranstaltung ins Leben geruften haben (vermutlich ohne zu ahnen damit 13.000 Menschen in den Wiener Untergrund zu locken), die Rückkehr der Rolltreppe aus dieser kreativen Schaffenspause ganz ausgiebig.

Roll over, Conchita

Ein ziemlich imposantes Timetable gab es dazwischen auch schon: Café Puls sollte das Spektakel eröffnen, dann mit ORF 2 Frühschoppen gefeiert werden, anschließend Leberkäse-Jausen und am Abend sollte dann Willkommen Österreich live vom Event übertragen. Wenn ATV dann noch ihre Crew von Saturday Night Fever zum Feiern hingeschickt hätte, wäre die gesamte österreichische Fernsehlandschaft so ziemlich abgedeckt gewesen. Und weil Österreich im Moment ja das Land der Popmusik schlechthin ist, dürfen ihre Aushängeschilder auch nicht fehlen – glaubt man Facebook, wurde mit Wanda, Bilderbuch und Conchita Wurst verhandelt – sehr passend, weil Bussis auf Rolltreppen schon extrem wichtig sind, und der Vergleich der Rolltreppe mit einem Phönix der aus der Asche steigt auch gar nicht mal so sehr hinkt. Ob die Tickets oneway sind, es Stempeln gibt und die Leberkäse-Semmeln auch vegan angeboten werden, darüber wird nachwievor heftig diskutiert. Als obligatorischer Dresscode-Vorschlag gilt: Rollkragenpullover. Mittlerweile ist man auf der Facebook-Veranstaltungsseite aber ein bisschen bescheidener geworden: Um 19 Uhr wird das Eröffnungsband durchgeschnitten, danach gibt es „MUSIK PARTY GETRÄNKE alles möglich solange das Ganze nicht ESKALIERT“.

Rock n‘ Rollkragen

Ob heute, am 1. Dezember, tatsächlich so viele Menschen in die Ubahn-Station Schottentor einrollen werden, ist fraglich. Sollte es wirklich passieren, wird das ganze vermutlich schnell zu einem „Spontan Techno bei mindestens 30 Grad“. Kuschelig warm und hoffentlich noch mit genug Luft nach oben. Die gibt es nämlich hoffentlich noch was die Anzahl der teilnehmenden Facebook-User anbelangt – und dann wird die Luft richtig dünn, die Party aber hoffentlich ein Erfolg. Also Rollkragen-Pullover raus und wenn es noch 15.000 Teilnehmer werden, kriegen die Winer Linien die Rolling Stones vielleicht auch noch vom Londoner in den Wiener Untergrund.

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