80 Jahre, 80 Neurosen, und fast so viele Filme

Alles Gute zum 80er, Woody Allen!

„Man hat mich einmal gefragt,ob es mein Traum wäre, in den Herzen der Menschen weiterzuleben, und ich sagte, ich würde gerne in meiner Wohnung weiterleben“, hat US-Regisseur Woody Allen mal gesagt. Und obwohl er scheinbar nicht von einem Leben in unseren Herzen träumt, träumen wir manchmal von Annie, Alvy und Co – und können von ihnen außerdem ziemlich viel lernen. 

von Sarah Wetzlmayr

„Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich möchte bloß nicht dabei sein, wenn es passiert“, sagte Woody Allen mal, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, und es wird wohl auch nicht so bald passieren, liegen, bei seiner Produktivitätskurve, wohl noch so einige Filme zwischen Leben und Tod. Anlässlich dieses Jubiläums und der Premiere seines neuen Filmes „The Irrational Man“, acht Dinge die wir von den Charakteren aus dem Woodyversum gelernt haben.

In der Vergangenheit ist jedes vorwärts immer rückwärts
Früher, als die Extrawurstsemmel noch 10 Schilling gekostet hat, hat man auch in Supermarktschlangen noch sämtliche Lieben des Lebens kennen gelernt, und statt Tinder nur Boden gewischt. Das hört sich alles nach einer viel besseren Zeit an, trotzdem sollte man, wie die Hauptdarsteller in „Midnight in Paris“ (2011), die ohnehin oft spärliche Energie nicht in nostalgische Rekreationen der guten alten Zeit stecken, sondern nach vorne schauen. Auch wenn im smog-verhangenen New York der Ausblick oft nicht so klar ist.

Wenn ich dich haben kann, will ich doch lieber das Mädchen im Schulmädchenrock
Kennt jeder. Die Attraktivität des Unerreichbaren ist genauso grenzenlos, wie die Unerreichbarkeit des Mädchens im Schulmädchenrock für den 50+ jährigen Schriftsteller mit Hang zur Neurose. Immer das haben zu wollen, was man nicht kriegen kann ist typisches Syndrom des woody-allenschen Personeninventars.

Wie jemand einen Hummer kocht, sagt ziemlich viel über die Persönlichkeit dieses Menschen aus
Eine der wohl einprägendsten Szenen in „Annie Hall“ (1977) ist wohl wie Annie und Alvy sich auf typisch unbeholfene Art und Weise darüber hermachen sich selbst eben solche Krustentierchen zum Abendessen zuzubereiten. Der Grad der Unbeholfenheit, mit welcher hier vorgegangen wird, lässt sich ganz eindeutig mit der Entscheidungsfreudigkeit im Leben abseits der Krabbenkocherei parallel führen. Sag mir wie du deinen Hummer ins Wasser kriegst, und ich sag dir wie leicht (oder schwer) du dich selbst unterkriegen lässt.

Neurosen tragen nicht zur Steigerung des Sex-Appeals bei
Auch wenn das beinahe jeder Film aus dem Universum der Alltagsneurosen zu suggerieren versucht. Es ist einfach nicht so. Viel mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Film ist Film und life is life. Na na na na na.

Wenn jemand fragt wofür du stehst, sag für „Vicky, Cristina, BARCELONA“
Und für Amore sowieso, denn glaubt man dem Regisseur mit den dicken Brillengläsern, ist die in Europa ganz groß. Nur dort schaffen Freigeister und Künstler es, sich mit jeder einzelnen Faser ihres Körpers der Amore hinzugeben und Mädchen aus dem Big Apple in ihren geheimnisvollen Bann zu ziehen. Wer Beweise braucht, soll sich doch einfach „Vicky, Cristina, Barcelona“ (2008) ansehen.

Es braucht amerikanische Schauspielerinnen um Sex in die steife britische Oberschicht zu bringen
Wie der Film „Match Point“ (2005) ziemlich eindrucksvoll zeigt. Bis zu dem Zeitpunkt als Nola ins Leben der Hewetts stöckelt, bleiben die Besenstile in den Popöchen der britischen Obersichtsfamilie ziemlich unverdaulich. Hier hilft Scarlett Johansson dann etwas nach.

Es ist total okay, sich in seiner eigenen Kunst selbst zu feiern
Weil ist man mal ganz ehrlich, wartet man in den meisten Woody-Allen-Filmen darauf, dass an einem gewissen Punkt ein Typ mit Hornbrille ins Bild stolpert. Und obwohl einige der Filme, in denen Allen die Hauptrolle nicht selbst übernimmt zu seinen besten gehören (Match Point zum Beispiel), geht einem dann doch eine gewisse Brise Neurosen ab.

Wenn du ein neues Leben beginnen willst, geh nach San Fran
In New York, diesem Hort der existenziellen Grübeleien, Artisan Bakeries und neurotischer Selbstzweifler, kann es nämlich schon mal ziemlich tief hinunter gehen. Und wenn es nicht mehr weiter runter nach unten geht, sollte man die Nase mal gen Westen strecken und ein bisschen Pazifikluft (und sonst noch ein paar andere Aromen) schnuppern. Genauso macht es auch Jasmine Francis in „Blue Jasmine“ (2013) und zieht von New York nach San Fran.