AKUT

Kartographie der Vorurteile

Sarah Wetzlmayr

Yanko Tsvetkov malt die Welt neu

Auf der Butterseite (der Welt)

Jeder steckt in mehreren Schubladen und jeder Kopf ist gleichzeitig ein Regal mit hunderten solcher Schubladen in die Menschen oder auch ganze Länder gesteckt werden. Wie das aussehen kann, zeigt uns Yanko Tsvetkov.

von Sarah Wetzlmayr

Yanko Tsvetkov hat professionalisiert was wir alle jeden Tag tun – meistens unbewusst, manchmal aber auch bei vollem Bewusstsein – wir formulieren Vorurteile in unseren Köpfen und auch wenn diese unseren Kopf nicht immer über den Mund wieder verlassen legen sie sich dennoch wie ein Filter über unsere Bilder von der Welt. Bunt auf weiß wurden diese internalisierten Vorurteils-Karten jetzt von Tsvetkov auf Papier gebracht. Wie viel subjektive Wahrheit in seinen kartographierten Stereotypen steckt, lässt sich leicht an sich selbst und dem eigenen internalisierten Atlas überprüfen.

Die großen Weltkarten Tsvetkovs legen das Innenleben offen und ausgerollt auf den Tisch. er klatscht sie einfach vor einen hin, manches stinkt ein bisschen zum Himmel, wie das eingefärbte Innenleben Donald Trumps zum Beispiel. Auf der „Weltkarte nach Trump“ bezeichnet Tsvetkov Europa zum Beispiel als „New Mecca“ und Südamerika als „Miss Universe Farm“. Die Trump Towers werden zu Schwänzen und der größte Teil der Welt wird sowieso zur Terroristen-Heimat. Scheint leider alles nicht so weit hergeholt.

Auch Amerika ohne Trump-Filter lässt sich vorurteilsmäßig gut aufteilen. Zum Beispiel in Burgers, Tacos und Freid Chickem oder in Menschen die eine Mikrowelle benützen (80%), die Barbecue bevorzugen (10%) und die alles frittieren (10%). Auch interessant: Amerikaner die leugnen Rassisten zu sein (Norden) und solche die es offen ausleben (Süden).Und ganz zum Schluss sollte man den Scheinwerfer auch immer auf sich selbst richten, weswegen es sich lohnt sich auch die Europa-Kärtchen aus der Feder Tsvetkovs mal anzusehen. So teilt er Europa zum Beispiel in Bier-, Wein- und Vodka-Europa, in sexuell unterdrückt (Süden) und emotional unterdrückt (Norden), sowie auch in euphorisch (Süden),melancholisch (Zentraleuropa) und depressiv (Norden). Interessant auch: Menschen die im Sitzen essen (Süden) und solche die im Gehen essen (Norden, ca. 70%).

Das ergibt dann also zusammenfassend für den Österreicher in der schubladisierten Wahrnehmung: Einen melancholischen Bewohner eines „Kartoffel-Landes“, der Kaffee trinkt ansonsten an der Grenze zwischen Bier und Wein lebt – außerdem noch an der zwischen denen die im Sitzen und den anderen die im Gehen essen. Ganz klar auf der Butterseite (bei der Entscheidung ob Olivenöl oder Butter – aber auch sonst) und eher sexuell statt emotional unterdrückt. Alles klar?Alle Fotos: atlasofprejudice.com