KULTUR
Super-Heroes
Die US-Superhelden von Marvel und DC müssen sich ab jetzt wärmere Strampler anziehen, denn mit Wiener Blut“ betreten erstmals die Austrian Superhelden die Comic-Arena.
Text: Jakob Hübner
Das ist nicht Gotham City und auch nicht Metropolis, sondern Wien. Und die Hel- den, die hier in den gerechten Kampf gegen das Böse ziehen, sind weder eine Splittergruppe von Marvel’s Avengers noch eine Neuformation der Fantastic Four, sondern ASH – die Austrian Superheroes. Also, Vorhang auf für Captain Austria Jr., Donauweibchen, Lady Heumarkt und Der Bürokrat. Beim Frontman der illustren Comic-Truppe sind die Vorbilder flott auszumachen: Captain Austria Jr., privat ein unscheinbarer bebrillter Student, der sich angetan mit einem rotweißroten Kostüm inkl. Flattercape und Adler auf der Muskel-Brust zum Superhelden aufschwingt, dient gewissermaßen auch als stilistischer Verbindungsmann zu den Genregrößen aus Übersee. Da sich seine übermenschlichen Kräfte in überschaubarem Rahmen halten, führt er ein paar praktische Hightech-Tools im Repertoire. Für wesentlich mehr Lokalkolorit sorgt da schon das Donauweibchen. Einer alten Wiener Sage entstiegen besitzt die blaue Supernixe – abgesehen von einem Paar wahrhaft heroisch geformter Brüste ohne Nippel – telekinetische Fähigkeiten, mit denen sie das Element Wasser beherrschen kann. Die Frau fürs Grobe ist Super-Catcherin Lady Heumarkt, die – nach dem Verzehr von radioaktiv angereicherten Erdbeeren – vom einst spindeldürren Teenager zur veritablen Hulk-Braut mutierte und neben einem kompromisslosen linken Betonhaken auch einederbeLippeschwingt.Richtigdurchgeknallt (bzw. österreichisch) wird’s dann beim Vierten im Bunde: Der Bürokrat – schlecht sitzender aschgrauer Tlapa, aufgehängt an laschen Schultern, aber penibel gebundene Krawatte und Akten- tasche mit Schloss – ist ein analytisches Superhirn, das sogar Funkwellen empfangen kann.
Gemeinsam nimmt das Quartett in seinem ersten Abenteuer namens „Wiener Blut“ (das artgerecht in der Blutgasse beginnt) den erbitterten Kampf gegen einen durch Wien marodierenden Basilisken auf, ein mythologisches Monster, das heimtückisch junge Frauen überfällt, aussieht wie ein Tschernobyl-Hendl, tödliches Gift in seinen Krallen trägt und gern „Chrrraaarrrrr!!!“ oder „Groarrrr!!!“ macht. Wer nun denkt, das Ganze sei eine halblustige Parodie, irrt gewaltig. Dafür steckt nämlich viel zu viel Qualität und Herzblut in dem Projekt, das die Comic-Maniacs rund um Harald Havas (Szenario & Text) sowie die Chefzeichner Thomas Aigelsreiter, Leo Koller und Andi Paar via Crowdfunding in die Welt gesetzt haben (als besonderes Gimmick tauchen übrigens einige Unterstützer des Crowdfunding als gezeichnete Statisten auf ). Geplant ist zunächst einmal eine vierteilige Mini-Serie à 36 Seiten, die in Nebengeschichten auch erhellende Einblicke in die Vergangenheit der vier Austrian Superheroes bietet – so erfahren wir etwa endlich, wer tatsächlich für den legendären Stromausfall während Falcos „Nachtflug“ beim Donauinselfest 1993 verantwortlich war … Zugegeben, bis Hollywood mit einem Script zu „Avengers vs. ASH“ anklopft, könnte es – mit oder ohne TTIP-Abkommen – noch ein Weilchen dauern, um eine weitere „Auszeichnung“ reicher ist Wien aber allerweil. Ich mein, welche andere Stadt hat schon ihre eigenen Superhelden?
Wiener Blut (Heft 1 von 4)
Ash Comics 4,90 Euro