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Der WIENER W464 ist raus – was ist drin?

Hier kommt das Editorial zum Herbst WIENER des Jahres 2025. Es ist die Ausgabe 464.

Als Anfang September der Falter mit der Story rund um den assistierten Suizid des Niki Glattauer rauskam und rundherum – zu Recht bei einer tollen Geschichte wie dieser – ein eindrucksvolles Getöse einsetzte, bekam ich von einer lieben Kollegin ein erstauntes WhatsApp: „Sag, hört uns der Klenk ab?“

Tatsächlich hatten wir uns schon den ganzen Sommer lang über ein Thema ausgetauscht, das sonst eher wenig bis keine Beleuchtung findet: das Sterben, konkret jenes, das zu einem selbst gewählten Zeitpunkt stattfindet. Sowohl in ihrem, also jenem der Kollegin, als auch in meinem erweiterten Umfeld hatte es Anlassfälle in jüngster Zeit gegeben. Und stets war der Auslöser für die finale Entscheidung eine schwere Erkrankung gewesen, unter der die nämliche Person litt und die deren Lebensqualität erheblich einschränkte. Und weil die Mediziner, in deren Behandlung diejenigen welchen standen, weder unmittelbar Linderung schaffen noch irgendwelche verlässlichen Heilungsprognosen bereitstellen konnten, entschieden sie alle, so wie eben im Moment nicht mehr weiterleben zu wollen.

Keine der betroffenen Personen nahm die Möglichkeit des assistierten Suizids in Anspruch, so wie Niki ­Glattauer das tat. Auch wurde im Nachfeld der Falter- und HEUTE-­Storys so ziemlich jedes denkbare (und aber auch undenkbare) Gedankenmodell zur Causa leidenschaftlich seziert und weitgehend durchdekliniert, was unsere diesbezüglichen Story-Ideen für das vorliegende Heft gewissermaßen obsolet machte, dem späteren Erscheinungstermin geschuldet. Bloß ein Text von Joachim Lottmann, den der deutsche Autor mit Wiener Wohnsitz nach dem Bekanntwerden der Geschehnisse um Glattauer adaptierte, blieb aus dem ursprünglichen Konzeptgedanken übrig (Sie finden ihn ab Seite 22).

Aber auch ein neuer Aspekt erwuchs in all dem medialen Getöse und der nicht leiser geführten öffentlichen Diskussion auf Social Media gewissermaßen, der Eva Dörenthal sauer aufstieß. Die Wienerin ist Coach von Beruf und gehört wundervollerweise zu den irrsinnig wenigen Menschen, die jene Erkrankung, an der auch Glattauer litt, überlebt haben. Also wollte sie das während der Diskussion gewissermaßen dogmatisch in den Raum gestellte „Krebs ist ein Todesurteil“ so nicht stehen lassen und traf sich mit ­Andrea Kdolsky zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Wenige Menschen können von nämlichem Thema derzeit unmittelbarer berichten als die Medizinerin und ehemalige Gesundheitspolitikerin: Kdolsky selbst bekämpft aktuell eine schwere Krebserkrankung, von der aber auch sie sich keinesfalls unterkriegen lässt. Die spannenden Erkenntnisse aus einer thematisch schweren, aber inhaltlich hochinteressanten Unterhaltung lesen Sie ab Seite 16.

Auf der Suche nach einem feinen Cover für unser Magazin wurden wir diesfalls im unerschöpflichen wie großartigen Fundus der Berliner Helmut Newton Stiftung fündig, wo derzeit die großartige Parallel-Ausstellung „Newton, Riviera“ und „Dialogues“ stattfindet. Was dahintersteckt sowie eine Auswahl weiterer toller Bilder hat Schauspielerin und Multitalent Barbara Braun für uns herausgearbeitet, ihren Test finden Sie ab Seite 88.

Quasi als Gegenpol zur Schwere des Themas Tod am Beginn des Heftes beschäftigen wir uns im Freizeit-Bereich der Ausgabe mit doch schon vergnüglicheren Themen. Etwa dem verblüffend gesunden Zustand der Automarke BMW, der ja keineswegs jenem der restlichen deutschen Autoindustrie im Moment entspricht. Die „Neue Klasse“ startet im nächsten Jahr mit dem Modell iX3, dessen Präsentation in Wien wir zum Anlass nahmen, um mit Sebastian Kroes aus dem Münchner Designteam ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern (ab Seite 48).

Gregor Josel begab sich per Harley zum alljährlichen Klassentreffen nach Faak am See (Seite 60), außerdem saß ebenjener, der sich längst auch als unser Gourmet vom Dienst einen Namen gemacht hat, im Frigo (S. 114) und im Edvard (S. 122) zu Tische, sah sich genauer an, was die Region Obertauern (S. 108) heuer so alles zu bieten hat, und traf die Herren Pizzera und Jaus anlässlich der Premiere ihres neuen Films „Neo Nuggets“ zum Interview (S. 78).

Bekanntlich hat die heimische Erfolgsband Wanda ihren Namen von der wilden Wanda Kuchwalek entlehnt. Clemens Marschall hat jüngst ein Buch über Wiens sagenumwobene Zuhälterin veröffentlicht; ein kleiner Auszug daraus, der definitiv Lust auf das ganze Buch macht, findet sich ab Seite 80.

Nicht neu ist, aber dennoch dieser Tage neu aufgelegt wird das Hit-Album „Falco 3“, welches vor genau 40 Jahren erschien und bekanntlich das Hölzel’sche Opus ­magnum „Amadeus“ in seiner Setlist hatte, das wiederum anno 1986 die schwindligen Höhen einer Nummer eins der US-amerikanischen Hitparaden erklomm. Ein Megaerfolg, der dem Falken selbst bekanntlich gar nicht schmeckte, der Rest ist Geschichte und hinlänglich bekannt. Erst in der Rückschau – und hier stand wie so oft unser einzigartiges, 45-jähriges Archiv parat – legendär wird die „Falco 3“-Plattenkritik des damaligen WIENER-Chefredakteurs Michael Hopp, die in der Oktober-Ausgabe 1985 erschien und nicht nur das Album selbst inhaltlich ohne jede Euphorie auf seine tatsächlichen Ingredienzen sezierte, sondern auch dessen späteren Erfolg empirisch vorausspürte sowie exakt auf jene Version von „Amadeus“ zeigte, die später zur US Number One wurde. Ab Seite 86 legen wir, rechtzeitig zur Niederkunft der „Anniversary Edition“, auch die Kritik von damals neu auf. Diesfalls war ein Remastering nicht vonnöten – der Text war damals schon scharf genug.

Ansonsten wird viel gereist im aktuellen WIENER. Brigitte ­Carhoun war für uns im Anantara Iko auf Mauritius (ab Seite 118), unser reisender Autor Konstantin Arnold reitet diesmal höchst wortreich zum Kurzbesuch in Wien ein und nimmt sich dabei nonchalant wie immer auch gleich des Themas PartnerIn­nen-Suche unter Zuhilfenahme eines Museumsbesuchs an (ab Seite 94). Oliver Luxenburger bereiste mit einem E-Audi Norwegen und entdeckte dabei Elch-Lasagne für sich (ab Seite 70), ich selbst habe den Piaggio MP3 nach Slowenien geritten (S.64). Und wie es Kurt Molzer bei seinem Sommerurlaub in Irland erging, steht wie immer kurz vor der Stermann-Kolumne am Ende der Ausgabe 464 Ihres liebsten Zeitgeist-Magazins.

Ach ja, Kolumnen: Da war ja noch was. Götz Schrage natürlich, diesmal mit ein wenig True Crime, sozusagen. Heidi List meldet sich mit einer Kolumne zum Thema Abtauchen im WIENER zurück, Betti Stewart bleibt für uns hart am Daten, Sandra Bachl widmet sich der Jahreszeit entsprechend dem Kürbis und was Georg Birons Zeitsprung betrifft – nun ja, das ist zwar auch irgendwie eine Kolumne, aber dann auch wieder doch nicht. Schließlich erinnert sich der legendäre WIENER-Autor ja jede Ausgabe an ein bestimmtes Datum in seinem bewegten Leben. An dem etwas bestimmtes geschah. Etwas, das er noch dazu in der Sprache dieser Zeit beschreibt. Es wird eigentlich Zeit für ein Kompendium dieser Reihe, finden Sie nicht?

Den neuen WIENER gibt es natürlich im guten Zeitschriftenhandel zu kaufen. Neuerdings können Sie ihn aber auch bestellen und sich gemütlich nachhause liefern lassen. Einfach den LINK hier anklicken.

Wir wünschen wie immer viel Vergnügen beim Lesen und empfehlen selbstverständlich völlig uneigennützig den Abschluss eines Abonnements, so Sie noch keines haben und Ihnen gefallen hat, was Sie lasen!

Mit besten Grüßen
Franz J. Sauer