Trinken wie früher: Fass, Bierfreund, Fass!

Barrique-Keller sind nicht den Winzern vorbehalten. Wer als Brauer etwas auf sich hält, lässt sein Bier in gebrauchten Holzfässern reifen. Wo es sie gibt, hat der WIENER erkundet.

Was die Biere von Hof ten Dormaal auszeichnet, verrät schon die Webadresse der belgischen Brauerei am Bauernhof: www.htdoakaged.com. Seit Jahren wird in Tildonk mit Spirituosen- und Weinfässern experimentiert, die Noten von Sherry, Whisky oder auch Sauternes sollen damit in das Bier übergehen. Neben André Janssens Abfüllungen aus dem Grappa- und Armagnac-Fass hat er aber auch die potenzierte Fassung zu bieten: Sein „Winter 14“ reifte zunächst in Sherry-, dann in Portwein-Fässern. Insgesamt drei Jahre im Holz ergeben einen Geschmack, der mit seinen Vanillenoten und einer leichten Süße an Rotwein erinnert, die Kohlensäure ist wie bei den meisten „aged“ Bieren niedriger, und die Bitterkeit im Finish verhindert, dass das Bier eindimensional wird.

Holz, wohin man auch schaut

Dieser Sub-Trend der Craft Beer-Bewegung hat etliche Hersteller erfasst. Teo Musso, Italiens Enfant terrible der Brauszene, hat für sein Baladin „Terre“ (www.baladin.it) von einigen der teuersten Rotweine Italiens wie dem Sassicaia Fässer geborgt. Im irischen Cork wiederum nimmt man stattdessen Whiskyfässer, wo einst Jameson reift, liegt jetzt das Pale Ale der Franciscan Wells-Brauerei.

Aber auch die Österreicher rüsten Holz-technisch auf: Stiegls Kreativbraumeister Markus Trinker hat dieser Tage eines der Ergebnisse vorgestellt. Der Salzburger hat aber nicht irgendein Bier im Holz reifen lassen, sondern ein Sauerbier. Die Milchsäurenoten machen das aus gemälzter Gerste, Weizen und Dinkel gebraute „Faux pas“ sicher nicht zu Everybody’s Darling. Darf ein Bier nach Johannisbeere und Himbeere riechen? Nun, das Fassbier der anderen Art tut es, auch ein wenig Schwarzbrot erschnuppert man. Der Antrunk verbindet die säurige Frische – präsent wieder in dem Johannisbeer-Akzent – mit einer Mischung aus Rosine, Vanille und etwas Rum-Süße, die sich dem Fass verdankt. Mit 10% Alkohol ist das „Faux Pas“ kein Leichtgewicht, die Rarität – 2.000 Flaschen gibt es – hat auch ihren Preis (EUR 12,90 über www.braushop.at ).

Mischung der besten Fässer

Vielfach sind es weit kleinere Mengen, ein Versuchsfass mit 225 Litern ergibt nicht einmal 60 12er-Kisten Bier. Dass die Experimente nett sind, aber zwangsläufig unter der Wahrnehmungsschwelle der Konsumenten stattfinden, hat auch Axel Kiesbye erkannt. Der Gründer der heimischen Biersommelier-Ausbildung – sie feiert heuer das zehnte Bestehen und wird eifrig exportiert, u. a. nach Brasilien (!) – hat in seinem Fassreifekeller Platz geschaffen.

„Wir verschneiden mehrere Fässer, man sollte ja auch auf eine Menge kommen“, so der Trumer-Braumeister, der mit 24 Barrique-Fässern Österreichs größten Fassreifekeller angelegt hat (www.trumer.at). In Obertrum wurde ein eigener Starkbiersud eingebraut, der in Barriques aus amerikanischer und deutscher Eiche sowie in Süßwein- und Spätburgunderfässern reift. Kiesbye kreiert dann den „final cut“.

Während die beiden Beispiele sowie andere Raritäten aus dem Fass auf die Flasche gefüllt werden, sorgt Pilsner Urquell für ein noch rustikaleres Biererlebnis. Ohne Filtrierung und Pasteurisierung kommt die tschechische Mutter aller Pilsbiere immer wieder einmal direkt aus den Lagerkellern nach Österreich.

Vom Geschmack her bedeuten die „Barrel Events“ einen höheren Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Möglich wird dieses Retro-Erlebnis durch die Nähe zu Tschechien, denn nur so bleibt die Frische erhalten. Nach wie vor werken sieben hauptamtliche Böttcher (=Fassbinder) in den Kellern unter der Brauerei, sie setzen nicht nur die 25 Liter-Fässer in Stand, sondern fertigen auch neue an. Die Holzfass-Events (heuer erfolgreich in der Adria Wien, der Uni Graz und dem Propeller, ebenfalls in der steirischen Hauptstadt, veranstaltet), wird es 2015 wieder geben, verspricht Wolfgang Hinterdobler, Österreichs Verkaufschef des Pilsner Urquells. Das Pilsner vom Fass gibt eine Idee, wie es Pepi Groll 1842 erdacht hat.