Der blutige Rachefeldzug gegen das Plastikhaar-Patriarchat

Barbie gone wild

In Mariel Claytons bunter Fotowelt erstöckelt sich Barbie den Sieg über das Plastik-Patriarchat – als Mörderin, Fetisch-Queen und Soldatin – und macht darin eine bessere Figur als am Herd ihres Dreamhouse. Wir haben heute auf jeden Fall ein Foto für sie. 

von Sarah Wetzlmayr

Barbie stöckelt auf Abwegen

Hinter den rosaroten Plastikfassaden von Barbies „Dream House“ verbirgt sich eine düstere Albtraumwelt. Eine die aussieht als hätte die Blondine mit den unrealistischen Maßen, mal eben ein Gastspiel bei „Breaking Bad“ oder „Dexter“ hingelegt. Glaubt man der Fotografin Mariel Clayton, ist das auf jeden Fall so. Die lichtet Barbie nämlich in bis ins kleinste Detail durchkonzipierten Szenerien ab – und zwar solchen in denen man sich die Königin aus dem Hause Mattel nicht in den allerkühnsten (Alb-)Träumen vorgestellt hätte – als Mörderin, als Fetisch-Queen, als Soldatin und Selbstmörderin, als rachedurstige Frau die ihren Ken mit Tabasko und Handschellen sexuell in die Enge treibt.

Puppenspiel

Rache wofür? Für ein anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern, auf beruflicher Ebene zum Beispiel? Kann sein, dass das bei ihren Fotos mitschwingt, Mariel Clayton sieht sich dennoch eher als Anti-Feministin denn Feministin, wie sie in einem Interview mit Streetcouch so ganz nebenbei fallen lässt. Mit der „Demonisierung der Männer“, die sie in manchen Ausprägungen des Feminismus klar erkennt, kann sie nämlich so gar nichts anfangen. Für Clayton steht der Spaß an ihrer Arbeit im Vordergrund, sie findet mit Puppen zu arbeiten einfach ein „damn funny medium“. Aber genauso wie sich hinter glatten und glänzenden Plastikfassaden oft die eigentlichen menschlichen Abgründe verbergen – wie es in ihren Fotos, aber auch in der realen Welt der Soziopathie passiert – verstecken sich hinter Mariels „Just for Fun“- Attitüde auch eindeutige gesellschaftskritische Statements.

Iss was gscheits

Was seit Anfang der 60er Jahre als in Plastik gegossene Verkörperung des Ideals der westlichen Frau am Markt herustöckelt, wird längst nicht mehr kritiklos als pures Spielzeug so hingenommen. Schon die erste Barbie war mit den Maßen 99-46-84 cm, ziemlich weit entfernt von realistischen Proportionen und schürte den Groll auf feministischer Seite. Versuche, sie ein bisschen anzufüttern und die Beine etwas zu kürzen scheiterten meistens an der geringen Aufgeschlossenheit des Marktes. Mariel Clayton wählt deshalb mit ihrer Kunst einen anderen Weg, eine in Barbies Dreamhouse großgewordene Generation zu verstören und Erwartungshaltungen zu zerschmettern – sie erweitert Barbies Rollenrepertoire um 100 Prozent. 

„I’m not out to send a message. I’m just out to have a bit of fun and share it with others“ (Clayton)

Das erste Foto, das als Teil dieser Serie entstand, zeigt Barbies Selbstmord, nachdem Ken sie für einen anderen Typen mit Plastikhaaren verlassen hat. Wir hatten ja immer schon eine Vermutung, aber so eindeutig hat es uns bis jetzt noch niemand vor Augen geführt. Danke dafür, Mariel.

Mehr Infos zu ihrer Arbeit gibt es hier.

Auch spannend: Der erste Barbie-Werbespot, in dem ein junger Bub vorkommt.

Das Copyright aller Fotos liegt bei der Künstlerin, Mariel Clayton.