KULTUR

Die Viecher von Chobe

Franz J. Sauer

Vor 2 Millionen Jahren zogen wir als Urmenschen von Afrika aus los, um die Welt zu erobern. Im November 2015 kehrten wir an den Ausgangspunkt ins Herz Afrikas zurück. Um bei unseren Urverwandten ein bissl anzugeben, reisten wir in Pick-ups von Volkswagen.

Text: Bernhard „Clarance“ Katzinger / Fotos: VolkswagenDie Löwen in der Savuti-Region im Norden Botswanas haben etwas gelernt, was andere Löwen nicht können. Vermutlich in einem Teambuilding-Seminar. Ob Heldenreise oder Hochseilgarten ist nicht überliefert. Aber im Anschluss an das Incentive-Event hat sich das Spec-Ops-Team aus Savuti-Löwen einen Elefanten vorgenommen und ihn ordentlich vermöbelt. Anschließend haben sie ihn gefressen. Und seither stehen die Elefanten im Savuti-Gebiet des Chobe-Nationalparks auf der Speisekarte der Großkatzen. Respekt!

Reisen bildet. Solche und ähnliche Fun Facts, nicht nur zu den Big Five – die Kurzbezeichnung für die fünf begehrtesten Jagd- und Fototrophäen Löwe, Leopard, Elefant, Wasserbüffel und Nilpferd –, sind Lagerfeuer-gespräch in den Camps des Chobe-Nationalparks. Zum Beispiel erfährt man dort beim Gin Tonic, dass warmes Wetter zwar gut zum Beobachten von Elefanten, aber schlecht geeignet ist, um Hippos an Land zu erwischen. Die Flusspferde sind nämlich sehr hitzeempfindlich, können sogar einen Sonnenbrand bekommen und kommen nur aus dem Wasser, wenn der Himmel bedeckt und die Temperaturen kühler sind.Die Big Five und ihre Stellung in der Nahrungskette. Ob über oder unter Wasser: Die sensiblen Sonnenverächter sind hier die Oberkiller. Vor allem Fischer und Touristen, so unser Guide mit dem offenbar universellen Skilehrer-Schmäh, kommen ihnen leicht, wenn auch ohne böse Absicht ins Gehege, und das mächtige Nilpferd ist halt recht territorial veranlagt. Aggressivster Naturteilnehmer in der Gegend des Chobe River ist hin-gegen weder Löwe noch Hippo noch Kroko, sondern der Kaffern- oder Wasserbüffel, der ohne jede Vorwarnung angreift, wenn man ihm oder seiner Kuh/Kälbchenfamilie zu nahe kommt. Solch Hooliganism flößt sogar elefantenfressenden Löwen Ehrfurcht ein. Welche Gemütsregungen das gut sechs Meter lange Krokodil durchwallen, dem wir bei einer Bootstour auf knapp drei Meter nahe kommen, bleibt unbelegt, aber wir erfahren Näheres zum Schicksal eines Individuums, das zur Kroko-Mahlzeit wird: Ein solcher Unglücksrabe wird gepackt, ins Wasser gezogen, dort ordentlich herumgewirbelt (um das Fleisch mürbe zu machen?), dergestalt ersäuft und zu einem späteren Zeitpunkt verspeist.

Mehr News aus der Wiege der Menschheit: Während sich das meiste giftige Kleinvieh aus dem Staub macht, sobald die Schritte eines nahenden Safariteilnehmers hör- und spürbar werden, läuft der Puffotter bei solchen Signalen das Gift in den Zähnen zusammen. Vibrationen heißen für sie: Mittag!Überhaupt beschleicht den Reisenden das Gefühl, dass alles, was kreucht und fleucht, hier entweder als Futter oder als Bedrohung wahrgenommen wird. In der schützenden, weil in keinem Beuteschema verankerten Silhouette des VW Pick-up wird der Homo Amarok hingegen komplett ignoriert – auch von der Löwin, die zwischen den Autos hindurch über die Piste wechselt.

Reifenwechsel nicht empfehlenswert. Obacht ist dennoch angebracht, befährt man die Chobe-Region. Denn während das -Vehikel – in unserem Fall der Volkswagen Amarok – zuverlässig vor der Aufmerksamkeit allen Getiers schützt, ist der Mensch als Umriss durchaus im Beuteschema hiesiger Prädatoren abgespeichert. Angesichts dieser Tatsache möchte man lieber nicht zum Reifenwechseln aussteigen müssen.

Glücklicherweise sind unsere Amaroks auf das Unbill des Geländebefahrens durch Geländebereifung, permanenten Allradantrieb, Offroad-ABS, ESP, verstärktes Fahrwerk und Unter-bodenschutz bestens vorbereitet. Auch für eine rasche Flucht würden die 180 PS ausreichen, was wir während der zwei Tage Safari über knapp 500 Kilometer Sand- und Lehmpisten gottlob nicht ausprobieren müssen. Wir und unsere Urzeitverwandten haben uns gründlich auseinandergelebt in den letzten zwei -Millionen Jahren. Und obwohl ignoriert werden weniger weh tut als gefressen werden: Ein bissl schade ist das schon.