Essen

In bester Verfassung

Wo früher die Staatsschützer ohne Türschild spionierten, serviert man heute den Gästen Altwiener Küche. Das Grand Ferdinand liefert gute Gründe, im Hotel essen zu gehen.

REDAKTION: ROLAND GRAF

Das Agenten-Auto steht noch am Schubertring. Dabei ist das ehedem hier beheimatete Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung längst ein paar Straßenbahnstationen weitergezogen. Doch der Jaguar 420 G sieht nur so aus, als wäre er Sean Connerys Einsatzwagen. Tatsächlich gehörte er Industriellen- Präsident Hans Lauda (Opa eines gewissen Nikolaus L.) und steht Hotelgästen zur Verfügung. Der Grazer Hotelier Florian Weitzer, dem sich auch die Erwin-Wurm-Skulptur am Dach des Hotel Daniel beim Belvedere verdankt, liebt solche Details. Das heutige Grand Ferdinand ließ schließlich Lauda sen. in den 1950ern errichten.

Der Blick zurück prägt auch die Küchenlinie im Hotel-Restaurant, das neben dem legeren Gulasch & Champagne und der mondänen Grand Étage die dritte kulinarische Anlaufstation des Hotels darstellt. Ein Best of der guten alten Zeit, als die Küche von Mailand bis Budapest „österreichisch“ hieß, steht da auf der Karte. Einen dicken Pluspunkt von allen, die am liebsten zwei Suppen essen würden (sich das aber nicht trauen), hat das Restaurant zu Beginn zu verbuchen: Bei der „Variation“ gibt es sogar drei. In der Cappuccinotasse überzeugt die wichtigste, nämlich die Rindsuppe, mit flaumigem Grießnockerl. Die Fischsuppe hätte man privat pikanter angelegt, dafür könnte die Bohnensuppe mit Rauchwurst auch in Kecskemét Streetcredibility beanspruchen.

Was jetzt folgt, ist keine Geflügelleber, auch wenn das Fleisch im herrlich sämigen Zwiebel-Safterl zart zergeht. Mit einem Berg an perfekt gekochtem (selten genug in Wien!) Reis wird das Zwischengericht „Geröstete Leber“ fast zu viel. Aber diese Sauce will aufgetunkt werden, gut, dass noch was vom Hausbrot da ist. Das vom Service angebotene „Päuschen“ nutzen wir, um ein zweites Reininghaus Pils zu trinken. Jetzt aber gibt es Riesling und die Frische braucht es auch, als die Rindsroulade aufgetragen wird. Das karottensatte, mollige Safterl und die Speck-Gemüse-Melange als Innenleben bescheren dem einheimischen Gast Flashbacks, in denen Omas und geblümte Tischdecken vorkommen. Und die Wiener Mehlspeisküche? Gibt es natürlich auch, für Schokoholics steht ein magyarischer Ziegel namens Rigó Jancsi bereit, flaumige Powidltascherl sind die Alternative. Der Kaffee ist von Hausbrandt – ein passend solider Abschluss!

Foto: Grand Ferdinand

GRAND FERDINAND

Schubertring 10­12, 1010 Wien Geöffnet: täglich ab 12 Uhr durchgehend bis Mitternacht.

Preise: Mittagsmenü 12,50 Euro; Suppen 5 bis 7 Euro, Haupt­ speisen 9,80 bis 17,80 Euro (Tafelspitz: 26 Euro)
Pflicht-Kauf: Girardi-­Rostbraten; Powidltascherl, gern auch als Hauptgericht
Ideal für: Meeting mit Kunden aus Übersee oder runde Geburtstage der Tante

http://grandferdinand.com/