Film & Serie

Pariahilf

Captain Kirkman, Robert im Vornamen, hat noch lange nicht genug: Auch in seiner neuen Serie „Outcast“ kartografiert der „The Walking Dead“-Mastermind die Grenzgebiete des Menschlichen in Zeiten der Krise. Statt Zombies fungieren nun Dämonen als Katalysatoren des Untergangs.

von Christoph Prenner

Na gut, die Erbsensuppe fehlt noch. Fontänenweise versprüht gilt sie quasi als allerhöchstes Bewegtbild-Insignium dämonischer Besessenheit – jedenfalls, wenn man den ersten „Exorzisten“ als unverrückbaren Maßstab nimmt. Aber auch ganz ohne Kotzkaskaden, die Linda Blair stolz machen würden, weiß „Outcast“ – ein neues Format des HBO-Partnersenders Cinemax – sein Revier gleich in den ersten Minuten angemessen abgründig abzustecken. Wird man darin doch gleich eingangs mit einem fahrigen Jungen konfrontiert, der seinen Kopf mit aller ihm gegebenen Wucht gegen die Wand knallen lässt, um solcherart eine Kakerlake zu erlegen, die er denn sogleich mit geiler Gier verspachtelt. Und doch sind Schocks um des reinen Schockierens willen nicht das Ziel desjenigen, der hier so unzweideutig den Takt angibt. Denn wie er bereits mit seinen bisherigen TV-Produktionen bewiesen hat, hat es Serienschöpfer Robert Kirkman mitnichten bloß auf Genre-Geeks und Horror-Eliten abgesehen: Mit dem Untoten-Megaschlager „The Walking Dead“ sowie dessen Spin-off „Fear The Walking Dead“ schuf er vielmehr gleich zwei weithin geschätzte Wolkenkratzer in der gegenwärtigen Fernsehlandschaft, in denen sich Woche für Woche weltweit Abermillionen auf der Suche nach Grusel, aber ebenso herber Gemüts- und Geistesaufrüttelung einfinden – weil hier im Angesicht der allgegenwärtigen Ausnahmesituation auch pointierte Beobachtungen zur conditio humana, zum Menschsein in moralischen Grenzgebieten zu bekommen sind.

Genauso wie jene beiden Shows fußt nun auch „Outcast“ auf einer erfolgreichen Comic-Reihe Kirkmans, das ohnehin bereits beachtliche Imperium des gerade mal 37-Jährigen dürfte dadurch noch einen weiteren Push bekommen. Anders als jene beiden Shows geht die Erschütterung aller Gewissheiten nun aber von keinem Zombie-Virus mehr aus, sondern eben vielmehr vom Dämonentreiben jener Provenienz, das leider ganz genauso gut dazu angetan ist, geliebte Menschen in willenlose Wesen zu transformieren. Das Rick-Grimes’eske Zentralgestirn dieser Erzählung hört auf den Namen Kyle Barnes (Patrick Fugit): Seit frühesten Kindheitstagen geisterbegleitet kehrt er als nunmehr junger Mann zu Beginn der Geschehnisse von „Outcast“ an die Stätte vergangener Traumata zurück, um sich selbigen, zusammen mit einem Priester, ein für alle Mal zu stellen. Sehr rasch muss er dabei jedoch erkennen, dass die Macht der Niedertracht dort noch immer keine Ruhe geben will – wovon wiederum manch Kakerlak kein Lied mehr singen kann. Das Ding mit der Erbsensuppe dürfte da also wohl echt nur mehr eine Frage der Zeit sein …

Fotos: 2015 FOX International Studios