AKUT

Hochspannung

Vom Hochgefühl des perfekten Fotos braucht man den beiden Fotografen und Urban Explorers Fabo und Rafael nichts zu erzählen. Täglich versorgen sie uns mit neuen Perspektiven auf das nächtliche Wien.

Redaktion: Sarah Wetzlmayr
Fotos @fabolus_vienna und @rafaelwien

Freitagnacht. Während manche das nächtliche Wien am liebsten durch den Filter flimmernden Discolichts erkunden, bevorzugen es andere, sich in die Dunkelheit und Stille der Nacht zurückzuziehen. Auf das Hochgefühl der Berauschung brauchen sie aber dennoch nicht zu verzichten – bloß holen sie sich das nicht glasweise an der Bar ab, sondern wollen viel höher hinaus. Bei Fabo, der als @fabolus_vienna rund 26.000 Instagram-Follower mit seinen fotografischen Höhenflügen begeistert, war der 115 Meter hohe Orbitower in Erdberg der höchste Punkt in Wien, von dem aus er in die Wiener Nacht hineinfotografierte. Dabei geht es ihm gar nicht nur darum, das spektakulärste Foto zu schießen, sondern um die Erfahrung selbst, wie auch darum, dass genau dieser Schuss nicht nach hinten losgeht. Ungefährlich sind die Kletteraktionen des Instagrammers nämlich nicht, sie spielen sich nicht nur in einem gesetzlichen Graubereich, sondern auch im Spannungsfeld zwischen Sensationslust und Vernunft ab. Damit Neugier und Mut nicht zu schnell zu Übermut werden, gehören eine ordentliche Portion Geduld wie auch einiges an Vorbereitung dazu.


Rafael, der unter dem Namen @rafaelwien seine Follower auf seine nächtlichen Streifzüge mitnimmt, fotografiert erst seit November 2016, fühlt sich aber schon länger der Urban-Exploration-Szene, kurz „Urbex“, zugehörig. „Angefangen hat es mit Lost Places, also mit verlassenen und leer stehenden Gebäuden. Freunde haben mir davon erzählt. Ich war neugierig und wollte gleich mal mitkommen. Es hat alles außerhalb Wiens begonnen. Trips zu Locations, die wir vorher übers Internet ausgeforscht haben. Für mich war es toll, Städte aus einer anderen Sicht zu sehen. Das hat dann den Stein ins Rollen gebracht“, beschreibt er seine ersten nächtlichen Erkundungstouren. Kurz drauf bildete sich ein Netz- werk fotografierender Wiener Urbexer, in dem man einander zu unterstützen versucht – und damit ist mehr gemeint als bloß die gelegentliche Räuberleiter. Die Urban-Exploration-Szene folgt dabei ihrem beinahe kindlichen Entdeckungsdrang.


„Die Stadt wird zu einem wunderbaren Spielplatz, und darin zu spielen erscheint wie ein amüsantes, herausforderndes Abenteuer“, beschreibt Je Chapman alias „Ninjalicious“ das Phänomen in seinem Handbuch „Access All Areas – A User’s Guide to the Art of Urban Exploration“. Als Pionier der Szene und Gründer des Magazins „In ltration“ weiß er, wovon er spricht. Andere Urbexer sehen im Durchbrechen städtischer Infrastruktur auch eine wichtige Kritik an bestehenden Machtstrukturen und einen Versuch, sich Teile des städtischen Raums als Freiräume wieder anzueignen.
Entscheidend ist, erst dann Aufmerksamkeit zu erregen, wenn die Fotos in den Instagram-Feeds auftauchen. Zuvor gilt das Prinzip, jeden Ort nach den Normen eines Museumsbesuchs zu behandeln. Folgen sollte man ihnen nur in der durch die Generation der Digital Natives neu geprägten Definition des Wortes. Es könnte sonst schneller und drastischer zum Absturz kommen als beim freitäglichen Clubbesuch. Ziel der beiden Fotografen und Urbexer ist es, die Stadt aus einer anderen Perspektive und in ein neu- es Licht getaucht zu zeigen. In jenes nämlich, das nur dann entsteht, wenn sich gesetzliche Grauzonen in ein elektrifizierendes Wechselspiel aus nächtlicher Finsternis und hellem Blitzlicht verwandeln.

STEPHANSDOM @fabolus_vienna

PRATER @rafaelwien

FAVORITEN @fabolus_vienna

KRAN IN ERDBERG @rafaelwien

WÜRSTELPRATER @rafaelwien

VOTIVKRICHE @rafaelwien