HANDWERK

HandwerksForum: Handwerk trifft Moderne

Warum das klassische Handwerk boomt, ist nicht zuletzt der aktuellen gesellschaftlichen Sehnsucht nach Analogem geschuldet. Doch die handwerklichen Produkte würden ohne Digitalisierung ziemlich unscheinbar daherkommen. Warum das so ist, wird im Rahmen von ­WIENER Handwerk diskutiert.

Text: Anneliese Ringhofer / Foto: Maximilian Lottmann

Handwerk und Manufaktur stehen für Qualität, Sorgfalt, Langlebigkeit, Materialliebe, Kreativität und Know-how. Genau das reflektieren die Produkte der rund 40 Aussteller bei WIENER Handwerk, die heuer – nach dem großen Erfolg des Vorjahres – vom 17. bis 19. November wieder in den Wiener Sofiensälen stattfinden wird. Nichtsdestotrotz sind die von Hand gefertigten Exponate eng mit der digitalen Welt verbunden. Denn wenn ein virulentes Schlagwort durch die Werkstätten der Produzenten geistert, dann „Handwerk 3.0“.

(c) Maximilian Lottmann

Von der Kreissäge zur Hobelbank zum 3D-Drucker zum Computer zu Social Media und wieder retour – so oder so ähnlich gestaltet sich heute der Arbeitsalltag von Tischlern oder auch selbstproduzierenden Möbeldesignern. Egal welcher Handwerksberuf, die fortschreitende Digitalisierung ist seit vielen Jahren wichtiger Bestandteil des Jobs. Welche Herausforderungen sich dadurch ergeben, ist Fokusthema bei der diesjährigen WIENER Handwerk: „Digitale Innovation und Transformation im Handwerk“ – darüber können sich Experten aus unterschiedlichen Bereichen und Akteure aus dem Handwerks- und Manufaktursegmet austauschen. Das mL HandwerksForum3#, initiiert und geleitet von Sieglinde Eugenie Kathrein und Elisabeth Großschädl von der Plattform manufakturLab, findet am Freitag, den 17. November statt. Unter dem Titel „Mind the Gap“ werden Zukunftsfragen des Handwerks gestellt, in Workshops erörtert, und in Folge werden Lösungen dafür gesucht. Dabei geht es nicht nur um Digitalisierung, sondern auch um neue Produktions- und Vertriebsmöglichkeiten für kleine Manufakturen und traditionelle Handwerksbetriebe. Im Mittelpunkt steht ebenso der Generationswechsel, die nächste Generation von Handwerkern. Was haben kleine Start-ups von Digital Natives den etablierten Unternehmen voraus und was können sie voneinander lernen?

Themen wie Generationenwechsel, Digitalisierung, übergreifende Kooperationen mit Industrie und Forschung, Zusammenschlüsse nicht üblicher Fachgebiete sowie Neugestaltung stehen dabei im Fokus. manufakturLab agiert hier als Schnittstelle und diskutiert gemeinsam mit den Experten Bernd Hufnagl, Hans Dietl, Therese Kaiser, Imran Rehman und agencylife.

Aufschlussreiche Auskunft über die Causa Generationengap im Handwerkssegment gibt Imran Rehman, der beim HandwerksForum#3 etwa auch darüber Gesprächsrunden leiten wird. Der gebürtige Londoner versteht sich als Creative Architect und coacht mit seiner Firma mesh works unter anderem Agenden im Bereich New World of Work, wie Workplace Communities und Ownership-Kulturen. „Jede Generation erzeugt ihre eigene Kultur. Die ältere Generation hat über die Jahre viel geschaffen, sie hat Kompetenz, die immer gefragt werden wird, denn die Manufaktur wird nie aussterben“, weiß Rehman. „Andererseits ändern sich durch die Digitalisierung Arbeitsabläufe, dabei geht es weniger um effizientere und konstengünstigere Produktion, sondern darum, dass mit vergleichsweise einfachen Mitteln ein viel größerer Markt erreicht werden kann. Hier hat die junge Generation die Nase vorne.“ Diese zwei Synergien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu bündeln, sieht er als eine seiner Aufgaben.

„Digitalisierung bringt ein Unternehmen immer weiter, im besten Fall kann es sich sogar international etablieren“, so Rehman. Wie das umgesetzt werden kann, erarbeiten Social-Media-Expertin Therese Kaiser und die Digitalagentur agencylife im Workshop anhand von Strategien und Tools im Onlinemarketing, mittels Onlineshops und sozialer Medienarbeit mit Facebook, Twitter oder Instagram. Dass die Digitalisierung bereits voll am Laufen ist, zeigt der Science Officer der einst kleinen Prothesenmanufaktur Otto Bock, die mittlerweile zum innovativen Global Player aufgestiegen ist und den Spagat zwischen Technologie und HandwerkNEU leben. Was das alles für unser Denken und Kooperationsverhalten bedeutet, erklärt der Neurowissenschaftler und Autor von „Besser fix als fertig“ Bernd Hufnagl.

Mit dem digitalen Werkzeugkoffer im Gepäck und dem Wissen um dessen Benutzung wird auch WIENER Handwerk zu einer hochqualitativen und modernen Handwerksausstellung.

 

(c) [Büro] Für Gestaltung

Ergänzender Kommentar von Sieglinde-Eugenie Kathrein, founder manufakturLab

Raus aus der Schublade. Nur über den Tellerrand zu schauen, genügt nicht mehr … Digitale und technologische Entwicklungen beeinflussen das Handwerk, haben in den letzten Jahren auf unterschiedlichen Ebenen ihren Platz gesucht und zum Teil gefunden. Durch den Generationenwechsel wird sich dieser digitale Zugang und damit das Handwerk selbst stark verändern. Neue Denkweisen und die Nutzung aktueller Technologien können einerseits zur Optimierung der Kernfunktion und/oder anderseits zu neu­gedachten Formen im Handwerk beitragen – das bietet vielfältige Möglichkeiten, veränderte ­Produkt- und Produktionsmöglichkeiten, grenzüber­greifende Kooperationen usw. Aber auch die industrielle Individualisierung, digitale ­Produktionsformen und 24/7-Verfüg­barkeiten werden ihren Platz weiterhin ­ausbauen. Das Erkennen dieser Chancen, die smarte Überleitung und gleichzeitig sinnvolle Integration digitaler Tools und Instrumente sind somit die entscheidenden Heraus­forderungen für HandwerkNEU. Der Prozess der Digitalisierung & Digitalen ­Transformation ist daher kein alltäglicher Change Prozess. Er muss fortwährend gedacht werden und Unternehmergeist im Hinblick auf Gesellschaft, Umwelt und nachhaltige Ressourcenverwendung fördern. Gleichzeitig bedeutet das, auf diese Ver­änderungen mit einer Anpassung und Weiter­entwicklung der Rahmenbedingungen wie ­beispielsweise im Bereich der Ausbildung an die Generation DigitalCRAFT und deren Arbeits- und Lebenswelten zu reagieren.

manufakturLab agiert als Schnittstelle und treibt die inhaltliche Auseinander­setzung aktiv durch Expertise und zukunfts­orientierte Fragestellungen voran.

 

WIENER Handwerk
Zeitraum: 17. bis 19. November 2017
Dauer: Freitag und Samstag 10.00–19.00, Sonntag 10.00–18.00 Uhr
Location: Sofiensäle, Marxergasse 17, 1030 Wien
Spezialveranstaltung: mL HandwerksForum3# am 17. November 2017 um 13 Uhr in den Sofiensälen

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