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Games: Laras langer Schatten – Shadow of the Tomb Raider
In der auch virtuell männerdominierten Riege an absoluten Videospiel-Superstars wie Mario, Nathan Drake, Link oder Kratos gibt es nur eine einzige Frau. Lara Croft ist im Laufe von mehr als 20 Jahren völlig verdient zu weltweiter Bekanntheit und absolutem Legendenstatus gekommen. Und sie ist noch lange nicht fertig!
Text: Markus Höller
Dabei hat es noch am Schirm der Entwickler gar nicht so ausgesehen, als würde die Heldin des äußerst fortschrittlichen Abenteuerspiels „Tomb Raider“ zu einer kulturellen Ikone werden. Wiewohl die Idee, für ein technisch und inhaltlich ambitioniertes Computerabenteuer ausnahmsweise eine weibliche Protagonistin als eine Art Indiana Jones der Pixel zu erschaffen, ja eigentlich fortschrittlich war. Aber so ganz konnten die Designer wohl nicht aus ihrer spätpubertären Blase heraus und statteten die Heldin mit so ziemlich allem aus, was als weibliches Schönheitsideal gilt: hohe Wangenknochen, große Augen, lange Haare, volle Lippen, lange Beine in Hotpants und geradezu lächerlich große Brüste in einem viel zu knappen Top. Dazu zwei schwere Schießeisen. Man kann förmlich hören, wie sich die Typen vorm Schirm ganz Beavis&Butthead-mäßig einen abgekichert haben. Aber es waren die späten 90er, und was heute vielleicht einen Shitstorm epischen Ausmaßes wegen Sexismus nach sich ziehen würde, schwappte trotz oder gerade wegen der übertrieben weiblichen Attribute schnell in das große Popkulturerbe hinein. Denn das Spiel war nicht nur sehr gut, sondern zeigte auch eine Heldin, die – altbacken gesagt – ihren Mann steht und mit Hirn und Zähigkeit nach großen Abenteuern lechzt, und zwar mit Titten, wenn’s recht ist! Eine Ikone war geboren, die durch unzählige Fortsetzungen, ein Musikvideo der Ärzte und bislang drei Verfilmungen mit Kalibern wie Angelina Jolie und Alicia Vikander fest im kollektiven Bewusstsein verankert ist.
Nicht zuletzt aufgrund des massiven Einflusses von „Tomb Raider“ auf Videospiele der 2000er aufwärts entschied man sich vor fünf Jahren zu einem Reboot der Serie, aber in Form von Prequels. Im schlicht „Tomb Raider“ genannten ersten Teil der Prequel-Trilogie begleiten wir Lara Croft, die durch ihren Vater für fremde Kulturen begeistert, aber gänzlich unerfahren ist, auf eine entlegene Insel. Dort trifft sie auf Fallen, finstere Gestalten und lebensgefährliche Situationen; sie wird hart, lernt töten und überleben. Der Bogen spannt sich im zweiten Teil „Rise of the Tomb Raider“ weiter und zeigt die weitere Entwicklung der Heldin, die nun in „Shadow of the Tomb Raider“ zu einem furiosen Abschluss kommt und letztlich die smarte, unerschütterliche und furchtlose Heldin hervorbringt, wie sie 1996 erstmals mit einer Überdosis Sexappeal über die Bildschirme flimmerte. Die Lara Croft der Prequels sieht im Großteil des Gameplays übrigens eher so ramponiert aus wie Bruce Willis stets im letzten Drittel seiner Filme – und nicht wie Pamela Anderson in „Barb Wire“. Auch die Filme haben sich mit 15 Jahren Abstand deutlich in ihrer Bildsprache gewandelt, wohl auch im Spiegel von #meToo.
Den ganzen Ruhm und Legendenstatus mal beiseitegelassen ist der neueste und vorerst letzte Teil des Tomb-Raider-Reboots ein famoses Action-Abenteuer, das nicht mit den bekannten Stärken geizt und neue Anreize im Gameplay bietet. Die riesige Map, die größte bisher, bietet trotz des linearen Plots viel Raum für Erkundung, ein neues Tauschsystem lässt dem Spieler mehr Möglichkeiten, sein Equipment individuell anzupassen. Das alles ist nötig, denn der Plot läuft auf nichts Geringeres als die Weltrettung hinaus, wenn die üblen Machenschaften der kriminellen Vereinigung Trinity die Apokalypse in Form eines Maya-Fluchs auszulösen drohen. Dies alles kann man auch erstmals auf den 4K-Konsolen in extrem detailreicher Ultra-HD-Auflösung in HDR bewundern, der atmosphärische Soundtrack und die nicht gänzlich holprigen Dialoge lassen wirklich gut Stimmung und realistisches Feeling aufkommen. Erneut wurde der Anteil an Sequenzen, in denen man (ausschließlich) mit Stealth weiterkommt, ausgebaut; das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch regelmäßig äußerst rustikal zur Sache geht, für Kinder ist das ganze Abenteuer nichts.
Hier zeigt sich aber paradoxerweise ein gewisses Manko des Genres. Mittlerweile sind manche Games, etwa die „Uncharted“– und „Far Cry“-Serien sowie „Horizon Zero Dawn“, so perfekt in ihren quasi realistischen Renderings und Settings, dass sie sich visuell kaum noch unterscheiden. Auch die Handlungen nähern sich immer mehr aneinander an, sodass man – blendet man den Protagonisten mal kurz aus – nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob man als Lara Croft oder Nathan Drake oder Aloy in einer verwunschenen Welt Bösewichte/Robotersaurier/Sektenmitglieder jagt. Schließlich geht es bei solchen AAA-Produktionen, die jahrelanger Entwicklung bedürfen, um eine Menge Geld und Arbeitsplätze, da wird gerne mal vom Nachbarn abgeschrieben. Es liegt nun wie in einem Hollywooddrama einzig und allein am Script und der Präsenz der Hauptrolle, wie einzigartig das Abenteuer wird. Und da hat Lara in ihrer nunmehr fast finalen Form, was Fähigkeiten und Abgebrühtheit betrifft, immer noch ein wenig die Nase vorn. Nicht weil sie mit besseren Moves, raffinierteren Waffen oder cooleren Outfits ausgestattet ist. Sondern weil sie Lara Croft ist. Weil sie eine starke Frau ist. Hier wirkt ihr langer Schatten aus den späten 90ern noch immer nach, und das ist gut so.
Shadow of the Tomb Raider
Entwickler: Eidos Montreal
Publisher: Square Enix
Erschienen für: PS4, Xbox, Windows
Spieler: Singleplayer
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