Motor

Eierlegender WollmilchSUV – Ssang Yong Rexton

Als Spätgeborener eines voll im Saft stehenden Booms hat der Ssang Yong Rexton bravourös seine Hausaufgaben gemacht. Und gibt gekonnt den echten Geländewagen im feschen Stadtförster-Outfit.

Text: Franz J. Sauer

Rein von den Abmessungen her toppt der neue Rexton so ziemlich alles, was sich derzeit an SUV und Geländeautos im Marktangebot tummelt. Direkt vergnüglich kommt es, ihn einem der Urge­steine des Segments gegenüberzustellen und diesem beim Verzweifeln zuzusehen, wenn es um Praktikabilität, Fahrkomfort, Platzangebot und Agilität geht. Gut, die Optik des anderen (mit dem wir es uns hier nicht verscherzen wollen) hat nun wieder positiv zugelegt und lässt den Rexton daher in der Beauty-Wertung zurück – wenn man in dieser Fahrzeuggattung überhaupt ansatzweise von Schönheit sprechen kann. Dafür kostet der andere aber auch das dreifache Holz. Und nach ein bisschen Verhandlungsgeschick beim Ssang-Yong-Händler vielleicht sogar das vierfache.

Riesige, aber gefällige Front … Foto: (c) Eryk Kepski

Eher unverhofft kamen wir zum Vergnügen, ein halbes Jahr lang Ssang Yong Rexton zu fahren. Was zunächst überraschte, wurde mit der Zeit verblüffend. Nämlich dahingehend, wie oberklassig sich ein Auto dieser Größenordnung um gerade mal knapp 44.000 Euro Listenpreis anfühlen kann. Einzukasteln wäre der Rexton nämlich in der Abteilung Mercedes-Benz GL, Land Rover Discovery 6 und Toyota Landcruiser. Sowohl was seine Größe angeht als auch die netten, verbauten Features in allen Belangen.

Von all dem Luxus-Gedöns, an das sich der verwöhnte Schnösel heutzutage längst gewöhnt hat, geht einem beim Rexton nur der Abstands-Tempomat schmerzlich ab. Sonst ist wirklich alles, alles da. Von Sitzlüftung bis Lenkradheizung, von Anhängerkupplung bis zur einzeln verstellbaren Rücksitzbank. Die Heckklappe muss man übrigens manuell wieder zuziehen – wir werten das als Plus. Wer vom Heckeinstieg versucht, die Rücksitzbank zu derglengen, muss sich schon ziemlich dehnen, wer alle hinteren Sitze nach vorn klappt, kann in diesem Auto wohnen.

… große Klappe mit viel Hunger … Foto: (c) Eryk Kepski

Anders als bei früheren Ssang Yongs präsentiert sich das Innere des Rexton nebst aller Displays vorzüglich aufgeräumt. Die Musterung des Armaturenbrettes erinnert an Volvo, die Zeichnung des Digitalteils des Dashboards an Mercedes. Letzteres lässt sich insofern herleiten, als auch Motor und Getriebe (6-Gang-Automatik) aus Stuttgart stammen. Der All­rad­antrieb des Ssang Yong Rexton stammt wiederum von Mitsubishi, es ist eine modifizierte Übernahme aus dem L200. Was uns davon ausgehen lässt, dass sich das Ungetüm auch im echten Gelände wohlfühlt, wo wir noch nicht waren. Wer den Rexton als SUV bezeichnet, wird von Verspannungen der Vorderachse im Allradmodus auf das Geländewagenwesen des Fahrzeuges hingewiesen. Auch ein Rexton hat so seinen Stolz. Und mit 3,5 Tonnen eine der größten Anhängelasten überhaupt.

… schöne große Räder, dezent gezeichnete Silhouette. Optisch gibt der neue Rexton den ersten Ssang Yong, der uns auch gefallen darf. Foto: (c) Eryk Kepski

Dennoch wird sich der große, feine Ssang Yong, dem man nun erstmals in der Firmengeschichte eine wirklich konkurrenzfähige Außenhaut angedeihen ließ, eher mit den XL-SUVs der Großstadt matchen als mit den echten Geländegängern. Das ist einerseits schade für ihn, andererseits wurscht für uns. Wir erlebten den großen Schwarzen bislang vor allem als zuvorkommendes Ladetier, das mit sperrigsten Gerätschaften fertig wird, und als formidablen Reisebegleiter mit ebensolchem Gestühl und ganz viel Kultiviertheit am Antriebsstrang. Etwas ruppig fährt einem manchmal der Allradantrieb in die Parade, wenn man sich gerade ans komfortable Gestühl und die Wohnzimmerhaftigkeit des Inneren gewöhnt hat. Aber damit wird man leicht fertig, vor allem wenn man einmal den Rexton Sports getauften Pick-up des Wagens ausprobiert hat: Da fehlt dann schon noch einiges zur richtigen Steifheit …

Fazit nach einem halben Jahr? Der Rexton ist der Eierlegende WollmilchSUV. Mehr Auto ums Geld gibt es derzeit nirgendwo, nicht mal ansatzweise. Wer also Standesdünkel vom Weghören kennt, viel Platz, Komfort und gelegentlich 4WD braucht, hat hier sein ideales Auto gefunden.

Ssang Yong Rexton Icon Diesel 2,2

Hubraum: 2.157 ccm
Leistung: 181 PS
Verbrauch: 10,5 Liter
Drehmoment: 420 NM / 1.600–2.600 U/min
Beschleunigung: 0–100: 11 s
Spitze: 185 km/h
Gewicht: 2.105 kg
Preis: ab 50.900 Euro