Neuveröffentlichung: Bob Dylans Another Self Portrait.

Bob Dylans Bootleg Series gehen weiter: diesmal widmet man sich dem 1970 ungeliebten Album „Self Portrait“.

„What is this shit“ titelte Greil Marcus, Über-Dylanologe, 1970 im Rolling Stone über Bob Dylans „Self Portrait“. Ein Jahr nach „Nashville Skyline“ und Dylans Quasi-Wechsel seiner Singstimme war „Self Portrait“ gleich ein Doppelalbum, als ein einzelnes hätte es noch weniger funktioniert, meinte Dylan einmal. Überwiegend aus Fremdmaterial bestehend, stieß das Album auf wenig Gegenliebe: zu süßlich die Songs, die Instrumentierung, Bob Johnstons‘ Produktion, Dylans Gesang.

Dylans Motorradunfall, sein Rückzug vom Tourleben, sein Dasein als Privatier, Familienvater, Hausbesitzer in Woodstock, geplagt von Antwortensuchern: rückblickend betrachtet fällt „Self Portrait“ in eine Dylan-historisch gravierende Zeitphase. Eine Phase, die nun wieder- und umbeleuchtet wird: „Self Portrait“ erscheint als Volume 10 der „Bootlegs“-Reihe, drei Jahre nach der Veröffentlichung der Witmark-Demos.

The Bootleg Series Vol. 10 – Another Self Portrait“ (1969-1971)„enthält Alternate Takes und Demos der Sessions und zeigt Self Portrait in einem anderen, weitaus reduzierterem Gewand: weg vom Nashville-Hochglanz der Produktion hört man hier Fundamente, Interaktionen, Rudimentäres – auch Unveröffentlichtes. Der Ballast der Overdubs wird substrahiert. Am lustigsten ist das bei „Wigwam“, Dylans Überschlager.

Bei „Self Portrait“ stand Dylan einmal mehr an Abzweigungen. Häutungen, Maskenwechsel, personelle Dekonstruktionen, musikalische Änderung, Paradigmenwechsel, wie auch immer man Dylans Progression stilisieren möchte. Dreiundvierzig Jahre später ist das wohl das Bleibendste an Self-Portrait. Was danach kam, steht in den Geschichtsbüchern und in den Musikregalen.