Cocktails: Sauer trinken macht lustig

Angesagt sind Shrubs, Essig und selbst Gurkenwasser

Bei den Drinks ist es wie mit der Rocklänge – irgendwann kommt alles wieder in Mode. Momentan sind es die Alternativen zu Zitronen- und Limetten-Saft, die in den Bars wieder en vogue sind. Bereits Harry Johnsons klassisches Rezeptbuch aus dem 19. Jahrhundert führte die so genannten Shrubs an. Technisch gesehen handelt es sich um „einen mazerisierten gesüßten Essig“, wie der Ire Oisín Davis es definiert. In Essig eingelegte Früchte sorgen für den erwünschten Beigeschmack (Davis empfiehlt etwa Holunder-Shrub zu Whisky), der Zucker verhindert zu eindimensionale Säure. Das ganze trank man in den amerikanischen Pionierzeiten, als es kein Cola gab, als Erfrischungsgetränk mit Wasser, Shrubs lassen sich aber hervorragend mit Spirituosen kombinieren.

Aber auch purer Essig wird gerne verwendet, allerdings immer mit einem balancierenden Gegenpart – „Balance ist alles im Cocktail“, so der Dubliner Barkeeper. Eine edle Variante stellt etwa der „Blue d’Azur“ dar, der beim Weltfinale des Diageo-BarwettbewerbsWorld Class“ gereicht wurde. Der Premium-Whisky dafür macht den Drink nicht zum Schnäppchen, allerdings sind persönliche Abwandlungen ja möglich, wobei es in jedem Fall ein komplexer Whisk(e)y sein sollte, um die Balance zu erreichen:

Blue D’azur
45 ml Johnnie Walker Blue Label
10 ml Pedro Ximénez Sherry
5 ml Apfelessig oder Cider Vinegar

Die Zutaten werden lediglich verrührt, was den Drink zu einem auch Zuhause leicht herzustellenden Einstieg in die saure Cocktailwelt prädestiniert. Etwas mehr polarisiert da ein New Yorker Bartrend namens Pickle-Back. Dazu wird eine Spirituose nach Wahl als Shot serviert und dazu die gleiche Menge an „pickle juice“ in einem eigenen Glas. Was nach Akne klingt, ist für manche vielleicht nicht minder grauslich, allerdings handelt es sich lediglich um die Einlege-Flüssigkeit von Sauergemüse, also zum Beispiel „Gurkerlwasser“. Man kann sieht förmlich vor sich, wie in einer durchzechten Nacht in Brooklyn diese Verabreichungsform von Alkohol ersonnen wurde.

Auch die Londoner Barlegende Nick Strangeway hielt sie anfangs für „a total rubbish“, wie er mir erzählt, doch seine eigens gekochten Pickle juice-Rezeptur trinkt er mittlerweile gern zum Whiskey. Der darf nur nicht zu herb sein: „It won’t work with Scotch Whisky, you need a soft, sweet one“, ermahnt Nick, ehe er sein „Beetroot pickle“-Rezept diktiert: Lorbeer, Sternanis, Zucker, Salz und etwas Kren werden in einer Mischung aus Wasser und Essig (gleiche Anteile) erhitzt und das Gemüse, in diesem Fall rote Rüben, eine Viertelstunde darin gekocht. Was immer mit dem Gemüse passiert, für Freunde des Sauren heißt es nun, Whisky- und Pickle juice-Gläser in die Hand: „Sip left, sip right, sip and sip again“, lautet die Trinkanleitung.

Homebases: Oisín Davis serviert auf lokalen Früchten basierende Drinks in Dublins „Damson Diner“, South Williams Street 52

Nick Strangeway gründete u. a. das Hawksmoor Steakhouse (www.thehawksmoor.com) und berät mittlerweile Londoner Top-Bars wie die im Restaurant Hix, in der Brewer Street/Soho.