Happy Birthday: Schrecklich-schöner Helmut Berger wird heute 70

Das Enfant Terrible aus Österreich verabscheute nichts mehr als Mittelmaß. Mit seinen Auftritten macht er auch heute noch von sich reden. Plus: Videos seiner besten Szenen.

 

Er galt als Stil-Ikone und schönster Mann der Welt. Mit Luchino Visconti schrieb er in den 1960er und 1970er Jahren Filmgeschichte. Nach seinem Abstieg feiert Helmut Berger sein Comeback. Am 29. Mai wird das Enfant Terrible 70 Jahre alt.

Mittelmaß schien Helmut Berger stets ein Graus. Der österreichische Schauspieler war in den 1960er und 70er Jahren ein Star des europäischen Jet-Sets, feierte in St. Tropez und Monaco rauschende Feste und zierte als „schönster Mann der Welt“ das Cover der Zeitschrift „Vogue“. Der Tod seines Förderers und Geliebten Luchino Visconti warf ihn aus der Bahn. In den Jahren darauf machte Berger mit Alkoholeskapaden, fragwürdigen Talkshow-Auftritten und einem Gastspiel im RTL-Dschungelcamp von sich reden. Kurz vor seinem 70. Geburtstag gelang ihm jedoch ein bemerkenswertes Comeback.

Was ist Moral?

„Ich weiß nicht, was Moral ist. Ich weiß auch nicht, was Unmoral ist. Ich habe nur mein Gewissen“, sagte Berger einmal in den 1970ern. Damals war er ganz oben, fehlte auf keiner wichtigen Party, hatte angeblich zahlreiche Affären und Liebschaften. In seiner Autobiografie „Ich“ (1998) erzählt er aus dieser exzessiven Zeit.

Der Sohn eines Hotelier-Ehepaares wurde in der „Kaiserstadt“ Bad Ischl geboren, wuchs in Salzburg auf, machte die Matura in einem Franziskaner-Kolleg und ging nach London, um Schauspielunterricht zu nehmen. Später zieht es Berger nach Italien.1964 arbeitete er als Filmstatist in Rom, ehe ihn der berühmte und 38 Jahre ältere Regisseur Luchino Visconti, sein späterer Lebensgefährte, entdeckte. 1966 gab er Berger erstmals einen kleinen Part, bald darauf spielte der Österreicher unter Viscontis Regie seine eindringlichsten Rollen. In „Die Verdammten“ glänzte Berger, in „Ludwig II.“ gab er den wahnsinnig werdenden Bayernkönig an der Seite von Romy Schneider. In „Gewalt und Leidenschaft“ spielt er an der Seite von Hollywood-Legende Burt Lancaster einen provokanten, schönen Jüngling.

Das entscheidende Jahr

1976 dürfte das einschneidendste Jahr in Bergers bewegtem Leben sein: Sein – so sagt er – „Meister“ und „Vaterersatz“ Visconti starb, anschließend stürzte Berger ab. Er verfiel dem Alkohol, trieb die Rolle des dekadenten Bohemiens im wirklichen Leben zum Exzess und drehte kaum noch Filme.

In den folgenden Jahren zehrte Berger zunehmend von seiner Vergangenheit, seine beeindruckende Schönheit schwand, er machte mehr mit Auftritten in Talkshows als mit schauspielerischen Leistungen von sich reden. „Ich bin total versackt“, erklärte er schließlich 1996 in Harald Schmidts damaliger Sat.1-Show. Allem Exzess und äußerlichem Verfall zum Trotz bewahrte sich Berger auch im Alter ein Gespür für Ästhetik. Angesprochen auf eine Szene mit Romy Schneider in „Ludwig II.“ schwärmt er: „Das war schönes Kino, da musste man spielen!“

Hass auf Hollywood

Für rüdes Hollywood-Actionkino hat er hingegen nur Verachtung übrig. Überhaupt, Hollywood: Ende der 1980er Jahre spielt Berger eine Nebenrolle im dritten Teil des Mafia-Epos „Der Pate“ unter Regie von Francis Ford Coppola. Doch mit der US-Filmwelt konnte er nichts anfangen und so kehrte er bald nach Europa zurück. „Ich hasse Hollywood, alles dort, die Plastikwelt, das ganze System. Ich bin Europäer“, sagte er dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“ im Interview.

In den vergangenen Jahren lebte Berger schließlich wieder in seiner alten Heimat im Salzburgischen, glanzlos, von 450 Euro Pension im Monat und „Kartoffelsuppe statt Kaviar“, wie er sagte. Er zog sich etwas zurück, Interviews gab er nicht ohne weiteres. 2013 verbrachte er zwei Tage im RTL-Dschungelcamp. Wegen gesundheitlicher Probleme stieg er jedoch aus.

Kurz vor seinem 70. Geburtstag berührte Berger hingegen noch einmal mit einem eher stillen Auftritt: Zittrig und gesundheitlich angeschlagen zeigt er sich zur Weltpremiere von „Saint Laurent“ auf dem roten Teppich des Filmfestivals von Cannes. Berger spielt darin den Modedesigner in dessen letzten Lebensjahren, melancholisch und von Alkohol- und Tablettensucht gezeichnet. Die Rolle schien Berger auf den Leib geschneidert.