P.S.Hunter testet Dodge Ram: Jungs und ihre Spielzeuge

Der Traum vorm ersten Auto wächst meist lange vorm eigenen Führerschein. Und was dem hiesigen Deckel-Neuling VW Golf und Co sind, materialisiert in den US of A meist als Monstertruck im Stile eines Dodge Ram.

Getunte VW Golfs, Audi A3’s, 3er BMW’s, und jede Menge andere aufgemotzte Rennsemmeln tummeln sich im Kreise ihrer Anhänger, die ihr ganzes erstes selbst verdientes Geld in ihre motorisierten Lieblinge stecken, freitagabends an Tankstellen wie der legendären Foltas im Norden Wiens. Zumeist sind das wohlmotorisierte Vertreter diverser Komtaktklassen, mehr als sechs Töpfe sind seltenst zu finden. Stolz präsentiert man den neuen, noch lauteren Auspuff oder versucht damit das Loch in selbigen zu überspielen und demonstriert, bei welchem Lied der Subwoofer am besten als Massagegerät geeignet ist.

Andere Länder, andere Prioritäten

Die amerikanischen Teenager haben dafür nur ein müdes Lächeln übrig, das sich mit dem Starten ihrer PS Monster in ein breites Grinsen verwandeln würde.  Was dem Europäer der kompakte Flitzer, ist dem Amerikaner nun mal der Pickup. Die Jugendlichen in den Staaten stehen nicht so auf auffälliges Zeug mit Hochdruckeinspritzung und Registeraufladung, denn hier wird ehrliche V8-Power noch gebührend hochpriesen.

Patriotismus vom Feinsten

Inmitten einer nur all zu typischen amerikanischen Vorstadt-Siedlung, wo vor beinahe jedem Haus heroisch die amerikanische Flagge flattert, steht nicht zu übersehbare mein heutiger Tester – ein gelifteter 1996er Dodge Ram 1500. Geparkt wurde der Ram mitten im Vorgarten und nur darauf wartet zusammen mit dem 19jährigen James nur darauf die Spritztour in die Kalifornische Wüste zu starten. Was für ein stattlicher Prachtkerl. Natürlich ist hier die Rede vom schwarzen Truck, der beinahe genauso alt ist wie sein stolzer Besitzer.

Der will doch nur spielen

Selbst in Amerika galt der Dodge Ram bis Anfang der 1990er Jahre als unspektakulärer Pickup im lediglich zweckmäßigen Design. Der riesige Grill wurde dank der zweiten, komplett überarbeiteten Generation Rams gemeinsam mit seiner abartigen Größe zum unverkennbaren Markenzeichen.
Wenn wir uns ganz ehrlich sind, dann könnte jeder der europäischen Flitzer leicht auf der Ladefläche des bulligen Ami-Pickups parken und das Einsteigen ist auch nichts für Leute mit Höhenangst. Dieser Ram ist noch dazu um stolze sieben Zoll höhergelegt und so muss man schon ein wenig Beweglichkeit mitbringen.

Wozu sich mit Nebensächlichem aufhalten – oder so

Anfänglich dachte ich mir noch nichts bei den schepperndem Geräusch, dass von der Musik immer wieder übertönt wurde, aber als James meinen fragenden Blick sah, lachte er nur und antwortete dann auf die unausgesprochene Frage, „Oh, no worries, that’s only my exhaust. It’s loose.“ Soviel also dazu.
Dank des 5.9 Magnum V8‘s schlummern Bärenkräfte unter der Haube, die mit den großen Spritreserven an Bord, dem Front bumper guard (Stoßstangenschutz) der enormen Bodenfreiheit und dem Allradantrieb, der die 33 Zoll all-terrain Reifen ohnedies spielend anschiebt, das fast sechs Meter lange 2,5 Tonnen Gefährt zu einem beinahe unaufhaltsamen Monster machen. Ob der Auspuff jetzt locker ist oder nicht, macht dabei keinen Unterschied.

Es gibt kein Halten

Ein Pickup Truck war noch nie besonders handlich und weder bekannt für seine präzise Lenkung noch für sein ausgezeichnetes Fahrwerk, aber was hier an Finesse fehlt, wird durch jede Menge Spaß wieder gut gemacht. Kein Schlagloch, keine Schlammgrube und kaum ein Berg sind sicher vor diesem RAMmbock. Wenn mal was kaputt geht, dann wird es notdürftig gerichtet und wenn man die eine oder andere Schraube nicht mehr findet, dann ist das auch nicht weiter schlimm. Es gibt sowieso nichts, was Druck Tape nicht wieder richten würde.

Wer liebt, der schiebt.

Nicht so im East County von San Diego. Wer liebt, der fährt auf Teufel komm raus und das sieht man auch. Massenhaft Schlammspritzer am Lack oder die zentimeterdicke Staubschicht im Motorraum werden mit geschwellter Brust präsentiert. Es macht einfach riesig Laune, wenn einen Truck durch Dreck und Schlamm jagen kann ohne sich dabei über Kratzer Sorgen machen zu müssen.

Big – Bigger – America

Nach dieser actiongeladenen Testfahrt ist mir auch klar, warum gerade von diesem unzerstörbaren 94iger Modell des Rams beinahe 400.000 Stück verkauft wurden. Auch in dem Land, wo der Big Block immer noch hochgepriesen wird und das Straßenbild von Trucks und anderen unnötig großen Autos gekennzeichnet ist, gibt es Stimmen, die finden, dass ein Fullsize-Pickup nicht mehr in moderne Zeit passt. Klar, der Absatz der Autoindustrie ist momentan nicht gerade am Boomen, aber das heißt noch lange nicht, dass Amerikaner keine großen Autos mehr kaufen. Viel eher bedeutet dass, dass sie einfach weniger Autos kaufen. Wenn Amis wieder Kohle für neue Spielzeuge bei Seite haben, dann kaufen sie wieder das, was zu ihnen passt. Größe. 

Ach ja

Nur um das hier festzuhalten. Nach diesem Offroad-Adventure flehte ich James beinahe an, zumindest seinen Auspuff wieder an die richtige Stelle zu pappen. Das Geschepper macht einen ja wahnsinnig und der Perfektionist in mir konnte einfach nicht anders. P.S.Hunter