WIENER-Test: Smarter Kugelschreiber bringt Handschriftliches aufs iPad

Das Livescribe-System will die Brücke zwischen analogem und digitalem Arbeiten schlagen. Im Test haben wir uns angesehen, was der Livescribe Smartpen 3 und die dazugehörige App wirklich können.

Wer schreibt heute noch mit der Hand, wo doch auf Tablet und Smartphone mittels virtueller Tastatur getippt werden kann? Sehr viele, das beweist die ungebrochene Popularität von Notizbüchern und Haftnotizen. Doch es gibt Möglichkeiten, diese (angeblich) altmodische Methode des handschriftlichen Erinnerungsvermögens mit der ach so schönen Digitalwelt zu verbinden. Das Livescribe-System ist eines davon. Es besteht im Groben aus einem Kugelschreiber und speziellen Notizblöcken, mit denen sich nicht nur Aufzeichnungen, sondern auch Gehörtes übertragen lässt, etwa auf das iPad oder auf den PC.

rp rp

Das jüngste Modell aus dieser Livescribe-Welt ist der „Livescribe 3 Smartpen“ samt dazugehöriger App für die iOS-Umgebung, also für Apple-Geräte wie iPad und iPhone. Dieser neunmalkluge Kugelschreiber kostet rund 150 Euro, die Luxus-Ausgabe mit Lederhülle und mehr Zubehör knapp 200 Euro. Das Ding ist natürlich größer und klobiger als ein BIC-Kugelschreiber, das war bei dem Schreiberling 2.0 auch zu erwarten.

Der Smartpen ist aber leicht und liegt recht gut in der Hand. Die weiche Spitze kann zur Bedienung eines Tablets genutzt werden, Durch Drehen an der geriffelten Fläche in der Mitte wird nicht nur die Mine ausgefahren, sondern der Smartpen geht in Bereitschaft – erkennbar am kleinen blauen Licht. Nun kann also damit auf moderne Weise geschrieben werden, allerdings nur auf bestimmten Notizblättern. Dieses „Livescribe-Punktpapier“ kostet im Vierer-Pack bei Amazon rund 20 Euro.

rp rp

Der Smartpen wird via Bluetooth mit dem iPad verbunden, was im Test sehr gut und rasch funktionierte. Nun kritzeln wir auf dem Livescribe-Paper – und in wenigen Sekunden ist das Geschriebene auf dem iPad verfügbar. Dazu braucht es eine entsprechende App, die kostenlos erhältlich ist. Wer die App nicht geöffnet oder das iPad überhaupt nicht dabei hat, kann die Notiz (also Handschriftliches, aber natürlich auch Gezeichnetes) später jederzeit übertragen – auch das funktionierte im Test einwandfrei. Erstaunlich dabei: Es wird sogar erkannt, auf welcher Seite des Notizbüchleins man geschrieben hat, also werden Notizen dort angefügt, wo man sie tatsächlich hinterlassen hat. Das Spezialpapier hat nämlich Punkte, die zur Identifizierung der jeweiligen Seite bzw. der Position auf der Seite dienen. Im Test fehlten auf den vielen Seiten, die übertragen wurden, nur zwei Buchstaben.

rp rp

Probleme hat das System nur dann, wenn man seine Notizen mehrfach unterbricht oder die App mehrmals schließt und öffnet. Mit dem jüngsten Update der Livescribe+-App ist auch die automatische Übertragung der Aufzeichnungen in die bekannte Cloud-Lösung Evernote möglich; diese sind dann im jeweiligen Evernote-Account und auch in der App verfügbar. Die Notizen sind sonst auch via AirDrop zu übertragen bzw. via Mail zu versenden oder in ein Pdf-File zu verwandeln.
Auch der gute Ton spielt eine Rolle: Im Gegensatz zu Vorgängermodellen hat der neue Livescribe-Smartpen kein Aufnahmegerät mehr dabei, sondern es muss das Mikrofon des jeweiligen Apple-Geräts genutzt werden. Diese Audio-Files werden „Pencasts“ genannt und können dann ebenfalls in der App angehört werden. Sehr praktisch erscheint diese Funktion beispielsweise für Journalisten, die Interviews aufzeichnen wollen oder auch zum (unauffälligen) Mitschnitt von Vorlesungen. Die Tondatei kann via Mail versendet werden und kann dann auch über den Browser angehört werden – wir haben im Test von der Livescribe-App erzeugtes pdf-File an einen Gmail-Account geschickt und dann ins Browserfenster (livescribe.com) gezogen – prompt war die Aufnahme zu hören.

Der Hersteller, ein kalifornisches Unternehmen, verspricht sogar die Umwandlung von Handschriftlichem in Text, also Maschinenschrift. Dabei wird über die in „Feeds“ unterteilten Notizen einfach hinweggewischt, dann sollte der Text auf der Rückseite des virtuellen Zettels stehen. Im Test klappte das allerdings nur, wenn man wirklich in lupenreiner Schönschrift geschrieben hatte. OCR-Software, also Schrifterkennung, ist eben noch nicht wirklich ausgereift. Die umgewandelte Schrift kann aber durch nochmaliges Wischen wieder in unsere handschriftlichen Gekritzel zurückbeordert werden. Recht praktisch ist aber die Möglichkeit, solche Notizen (falls die Umwandlung in Text klappt) gleich in die iPad-Erinnerungen zu exportieren oder einfach zu kopieren, um sie beispielsweise im Browser oder in einer Karte wie Google Maps zu verwenden. Mit der Zeit hat man den Dreh heraussen, welche Buchstaben erkannt werden und welche nicht. Weiters können Bilder und andere Texte zu den Notizen hinzugefügt werden.

rp rp

Alternative Eingabegeräte sind etwa der Wacom Inkling, dieser wird aber vorwiegend von Kreativen zum Arbeiten genutzt.

Fazit

Das Livescribe-System ist eine prinzipiell gute Idee, handschriftliche Notizen in die digitale Welt zu übertragen. Mit dem neuen Livescribe 3 Smartpen ist diese Idee nochmals deutlich praxisnäher gemacht worden. Speziell die Möglichkeit, Notizen mit Tonaufnahmen zu verbinden sowie die einfache Übertragung via Mail, Evernote oder AirDrop machen das Ganze reizvoll. Wenn der Stift noch etwas handlicher wird und die Schrifterkennung etwas besser funktioniert, würden die letzten Minuspunkte verschwinden. Alles in allem aber eine interessante Variante für Menschen, die sich nicht nur mit virtuellen Tastaturen quälen wollen.