Was passiert wenn ein Dude aus der Werkstatt nebenan mit dem bekanntesten Argument der 9/11-Verschwörungstheoretiker aufräumen will. Er liefert stahlharte Beweise. Oder?
von Sarah Wetzlmayr
Es gibt zwei Grundtypen an Menschen. Solche die was tun, sogenannte „Macher“, also die mit jenem Rüstzeug ausgestatteten das man gemeinhin so „hands-on-mentality“ nennt, die haben auch Handschlagqualität und sind, naturgemäß, auch oft Handwerker. Und dann, auf der anderen Seite der Skala, gibt es solche die labern, Wortfuzzis, die sich in ihren langen Buchstabennetzen verstricken und dann dort nicht mehr rauskommen um tatsächlich etwas zu machen.
Ein Mann, eine Tat / Ein Dude, ein Video
Das ist natürlich übertrieben simplifiziert dargestellt, trotzdem aber ein gute Grundcharakterisierung dieses einen Typen irgendwo in den Vereinigten Staaten, dem es reicht. Es reicht ihm nämlich den ganzen Verschörungstheorien rund um 9/11 in seinem Newsfeed zu folgen, die für ihn schwammig recherchiert und formuliert wirken. Deswegen nimmt er, in typischer Macher-Manier, echtes Stahl in die Hand und will handfeste Beweise dafür liefern, dass brennendes Kerosin zwar kein Stahl schmelzen kann, aber es weich wie eine gekochte Nudel macht. Kerosin brennt ab einer Temperatur von 800 bis 1500 Grad Fahrenheit, Stahl hingegen schmilzt erst bei einer Erhitzung von ca. 2750 Grad Fahrenheit. Das kann auch dieser Dude aus der Werkstatt nebenan nicht bestreiten, das Argument der Verschwörungstheoretiker bringt er aber dennoch etwas zum Schmelzen, denn Stahl das nudelweich ist, hält sicher kein Hochhaus am Leben. Es geht ihm dabei nicht darum aufzudecken, ob alles ein Komplott aus der Hand Bushs war, das ist ihm wie er selbst sagt, vollkommen wurscht, er will nur mit den Lügen rund um sein, ihm scheinbar sehr am Herzen liegendes, Stahl aufräumen.
Beweise hart wie Stahl?
Diese Lücke zwischen der Temperatur von Kerosin und dem Schmelzpunkt von Stahl war natürlich sofort ein gefundenes Fressen für Verschwörungstheoretiker, die hier einen Beweis für ein us-amerikanisches Komplott witterten und Beiträge dazu in Diskussionsforen gingen sofort (bewusst etwas geschmacklos formuliert) durch die Decke. Der Satz „Jet Fuel Can’t Melt Steel Beams“ wurde ab 2005 zentrale Catchphrase zahlreicher Verschwörungstheorien – und im April 2005 der erste Teil der Doku-Serie „Loose Change“ augestrahlt, der bereits in diese Richtung argumentierte. Die Zeichen standen alle auf Verschwörung und das Internet drehte durch – Memes und Comics füllten daraufhin Reddit und Buzzfeed Einträge.
Der Reddit Thread zum Video hatte innerhalb der ersten Stunden bereits über 5,000 Kommentare. Das große Verschwörungskapitel rund um 9/11 ist also nicht zum Schmelzen zu bringen. Ob sich durch das Video, die Argumente der Verschwörungstheoretiker jetzt erhärtet haben oder nicht, soll jeder selbst entscheiden.
„You’re argument is invalid. Get over it – get a job!“